Insolventes Versandhaus:Notkredit für Quelle bewilligt

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Das insolvente Versandhaus kann vorerst aufatmen: Der Bund, Bayern und Sachsen sagen dem insolventen Versandhaus 50 Millionen Euro zu.

Das insolvente Versandhaus Quelle kann mit Hilfe eines Notkredits vorerst überleben. Ein Bürgschaftsausschuss von Bund und Ländern stimmte am Mittwochabend Plänen zu, dass Quelle einen so genannten Massekredit über 50 Millionen Euro vom Bund sowie den Ländern Bayern und Sachsen erhalten soll. "Der Massekredit verschafft dem Unternehmen erst einmal Luft, die offenen Fragen zu klären und die notwendigen weiteren Schritte anzugehen", sagte der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). Eine Staatsbürgschaft ist dagegen vom Tisch.

(Foto: Foto: AP)

Ein Massekredit hilft insolventen Unternehmen, die kritische erste Phase der Zahlungsunfähigkeit zu überstehen und die Liefer- und Produktionskette am Laufen zu halten. Quelle braucht das Geld vor allem, um seinen Katalog für das Herbst- und Wintergeschäft drucken und ausliefern lassen zu können.

Keine Bürgschaft

Nach Angaben von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte der Bürgschaftsausschuss von Bund und Ländern eine Bürgschaft in einer früheren Sitzung am Montag abgelehnt. Der Grund sei, dass bei Quelle eine Überschuldung vorliege, sagte Steinbrück. Quelle wollte ursprünglich eine Staatsbürgschaft über 50 Millionen Euro. Die Länder Bayern und Sachsen hatten bereits zugesagt, sich zu beteiligen. Wegen des hohen Ausfallrisikos gab es im Bürgschaftsausschuss aber Bedenken.

Sollte nun die geplante Sanierung scheitern, muss dieser Massekredit vorrangig bedient werden. Er birgt für die öffentliche Hand also weniger Risiken als eine Bürgschaft. Wirtschaftsminister Zeil sagte der Süddeutschen Zeitung: "Das Risiko bei einem Massekredit ist relativ überschaubar" und sei deshalb auch für den Steuerzahler geringer. Den Planungen zufolge könnte der Kredit über die Förderbank KfW des Bundes und die Landesförderbank Bayern gewährt werden. Bayern werde 21 Millionen Euro beisteuern, den Rest würden Bund und das Land Sachsen tragen, teilte das Wirtschaftsministerium in Bayern mit.

Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) sagte, sein Land werde sich beteiligen. Der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) räumte am Mittwoch ein, es müssten noch Kreditbedingungen und Rückzahlungsmodalitäten geklärt werden. Dabei gehe es jedoch nur noch um ein "Nacharbeiten". Nach Steinbrücks Darstellung hatte auch der Freistaat Bayern eine Bürgschaft für die in Fürth ansässige Firma zuletzt abgelehnt. An den Beratungen des Bürgschaftsausschusses am Montag wie am Mittwoch nahm jeweils auch ein Beamter des bayerischen Finanzministeriums teil. "Man hatte kein Vertrauen mehr", hieß es in bayerischen Regierungskreisen. Derzeit sei nicht einmal eine Prognose über die Zukunft von Quelle über das kommende halbe Jahr hinaus möglich.

Zeit gewonnen

Mit Hilfe des Massekredits soll Quelle nun zumindest die Chance bekommen, die Rechnung für die Produktion und den Versand des Quelle-Kataloges bezahlen zu können. "Noch läuft der Druck", sagte ein Sprecher der Druckerei Prinovis. Das Unternehmen hatte einen Druckstopp nicht ausgeschlossen, wenn es nicht bald eine verbindliche Zusage zur Übernahme der Produktionskosten erhält. Um den Katalog fertigzustellen, sind noch mehrere Tage nötig. Für das laufende Geschäft braucht Quelle aber weiteres Geld - jeden Monat etwa 100 Millionen Euro. Es laufen Verhandlungen mit der Quelle-Hausbank Valovis, der Landesbank BayernLB sowie der Commerzbank über neue Kredite in Höhe von 300 Millionen Euro.

Marc Oliver Sommer, Vorstandsmitglied beim Quelle-Mutterkonzern Arcandor, lobte in einem Interview der Zeit die Fortschritte bei der Sanierung des Versandhauses. Quelle verbrenne kein Geld mehr, sagte er. Lediglich Abschreibungen auf alte Forderungen hätten das Ergebnis zuletzt ins Minus gedrückt. Quelle habe seit Oktober 2008 einen positiven Cashflow, sagte der Manager.

Bei Quelle in Fürth wurde die Entscheidung am Mittwoch mit Erleichterung aufgenommen. "Damit ist die wichtigste Hürde genommen", sagte Gesamtbetriebsratschef Ernst Sindel. "Darauf haben die 8000 Beschäftigten lange gewartet." Er gehe davon aus, dass jetzt der normale Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen werde. Noch am Nachmittag hatte ein Firmensprecher gesagt: "Das ist ein Nervenkrieg und dementsprechend sind hier alle Mitarbeiter sehr angespannt."

Auch Quelle-Betriebsratschefin Beate Ulonska ließ sich von der Ablehnung der Bürgschaft ihre Zuversicht nicht nehmen. Von Anfang an habe man mehrgleisig geplant und daher auch Alternativen zu einer reinen Staatsbürgschaft verfolgt, so die Arbeitnehmervertreterin. Deswegen sei man weder überrascht, noch unvorbereitet vom Nein des Bürgschaftsausschusses überrumpelt worden. Die Arcandor-Tochter Quelle musste am 9. Juni zusammen mit dem Konzern Insolvenz anmelden. In Bayern sind 6000 Jobs bedroht, in Sachsen 1000 Arbeitsplätze.

© SZ vom 25.6.2009/C. Hulverscheidt, K. Stroh, U. Ritzer und M. Szymanski/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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