Infineon: Vorstandschef Bauer:"Wir können Qimonda kein Geld geben"

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Infineon-Chef Peter Bauer lehnt im SZ-Interview eine Finanzspritze zur Rettung der taumelnden Chip-Tochter ab - und übt harte Kritik an Sachsen.

Markus Balser

Infineon-Chef Peter Bauer wehrt sich gegen Erpressungsvorwürfe von Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Er sei "erstaunt und enttäuscht" über die Kritik, sagte Bauer im Interview mit der Süddeutschen Zeitung und geht in den Rettungsverhandlungen um die strauchelnde Tochter Qimonda auf Konfrontationskurs zum wichtigen Helfer.

Infineon-Chef Bauer sagt: "Uns geht es um den Fortbestand von Qimonda." (Foto: Foto: Reuters)

SZ: Herr Bauer, Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich wirft Ihnen Erpressung im Ringen um eine Qimonda-Rettung vor. Was ist in den Krisengesprächen schief gelaufen?

Bauer: Wir sind erstaunt und enttäuscht über diese Äußerungen. Zu keinem Zeitpunkt haben wir auch nur versucht, öffentliche Stellen unter irgendeinen Druck zu setzen. Wie sollte das auch gehen? Qimonda ist ja quasi Bittsteller. Wir sind also gar nicht in der Position, Druck aufzubauen. Und das wäre auch nicht unser Stil.

SZ: Gab es inzwischen ein klärendes Gespräch mit dem Ministerpräsidenten?

Bauer: Nein. Und ich bin über die Umwegkommunikation über die Medien enttäuscht. Falls Unstimmigkeiten auftauchen, versucht man die doch auf direktem Weg auszuräumen. Hier gab es leider keinerlei Versuche der direkten Kontaktaufnahme.

SZ: Wenn Sachsen nicht mitspielt, rückt eine Rettung Ihrer Tochter Qimonda in weite Ferne. Warum eskaliert der Streit zwischen dem Freistaat und Infineon ausgerechnet jetzt - in der wichtigsten Phase der Rettungsgespräche?

Bauer: Natürlich fragen wir uns, warum der Freistaat Sachsen jetzt an die Öffentlichkeit geht. Hoffentlich beginnt nun kein Schwarzer-Peter-Spiel. Das wollen wir auf keinen Fall. Uns geht es um den Fortbestand von Qimonda.

SZ: Sie könnten die Auseinandersetzung entschärfen und selbst einen Teil der lebensnotwendigen Finanzspritze für Qimonda beisteuern. Rückt Infineon von seiner harten Haltung ab?

Bauer: Vor zwei Tagen haben wir über unsere Zahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres berichtet und einen deutlich negativen Ausblick gegeben. Für beides sind wir sowohl von der Presse als auch von den Finanzmärkten abgestraft worden. Lange Rede kurzer Sinn: Wir können in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation Qimonda nicht mit eigenen Mitteln unterstützen. Auch dann nicht wenn man versucht, öffentlich Druck auf uns aufzubauen.

SZ: Wenn nicht bald etwas passiert droht eine der größten Pleiten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Sind Sie nicht verpflichtet, der Tochter zu helfen?

Bauer: So schmerzlich diese Entscheidung auch ist. Das wäre mehr als fahrlässig unseren Infineon-Mitarbeitern gegenüber - viele davon ja übrigens auch in Dresden. Die Situation in unseren Zielmärkten ist dramatisch, nehmen Sie allein einen unserer wichtigsten Märkte, die Autobranche. Ich lege großen Wert auf die Feststellung: Wir haben hier von Anfang an mit ganz offenen Karten gespielt. Wir werden und dürfen die Zukunftsfähigkeit von Infineon nicht gefährden. Unsere Priorität ist, für unsere Kunden langfristig ein zuverlässiger Partner zu sein.

SZ: Sie haben diese Woche öffentlich erklärt, der Wert von Qimonda für Infineon liege jetzt bei Null. Gutes Marketing für einen Verkaufskandidaten?

Bauer: Die Abschreibung unseres Qimonda-Anteils ist nicht mehr und nicht weniger als ein zwingendes bilanzielles Vorgehen. Wir hatten hier gar keine andere Wahl. Das ändert aber nichts an unserem starken Bemühen, einen strategischen Investor zu finden. Wir verhandeln aber weiter mit aller Kraft über den Verkauf unserer Anteile. Es kann keine Rede davon sein, dass wir Qimonda schlechtreden. Das würde ja unsere Verkaufsgespräche massiv beeinträchtigen und gegen unsere eigenen Interessen laufen.

SZ: Von der Politik kommt ein weiterer schwerer Vorwurf: Sie sollen bei der Trennung von Qimonda Lasten auf die Tochter abgewälzt haben.

Bauer: Nein, im Gegenteil. Qimonda wurde von Infineon finanziell gut ausgestattet. Das Unternehmen war damit nicht nur schuldenfrei, sondern verfügte über ausreichend Kapital. Die Ausgliederung wurde selbstverständlich von Wirtschaftsprüfern begleitet und testiert.

SZ: Ist das Tischtuch zur sächsischen Regierung nun endgültig zerschnitten?

Bauer: Wir würden uns mehr als freuen, wenn wir wieder zu vertrauensvollen, zielführenden Gesprächen hinter verschlossenen Türen zurückkehren könnten, ganz im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Qimonda. Glauben Sie mir bitte, uns liegt die Zukunft unserer Tochter, der Erhalt der Arbeitsplätze, sehr am Herzen.

© SZ vom 06.12.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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