Imtech:Durchhalten

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Die Manager des Hauptstadtflughafens BER halten weiter an der Pleitefirma Imtech fest - trotz aller Kritik. Deren Know-how stecke in zentralen Vorhaben, eine Neuvergabe wäre noch riskanter.

Von Jens Schneider, Berlin

Der Fall liest sich für Kritiker wie die Chronik eines vorhersehbaren Fiaskos. Vergangenen Donnerstag meldete der Gebäudetechnikausrüster Imtech Deutschland Insolvenz an. Etwa 4000 Mitarbeiter sind betroffen, das Unternehmen mit der Firmen-Philosophie "Erfolg ist bei uns nicht nur eine Phase" ist europaweit an vielen Großprojekten beteiligt. Unruhe löst die Insolvenz vor allem rund um den neuen Hauptstadtflughafen BER aus. Oppositionspolitiker glauben, dass sich die Flughafenführung diese Probleme hätte ersparen können - durch früheres Handeln.

Imtech ist eine Schlüsselfirma für den Bau, dessen neue Geschäftsführung das Projekt nach zahllosen Pannen endlich in ruhigem Fahrwasser wähnte. Nun steht für Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld, der im Frühjahr die Nachfolge von Hartmut Mehdorn übernahm, fest, dass die Bauarbeiten nicht wie geplant im März 2016 abgeschlossen sein werden. Die Eröffnung im Herbst 2017 - fünf Jahre nach dem eigentlichen Termin - scheint erneut gefährdet. Mühlenfeld hat eilig eine Task-Force einberufen, dennoch handelt die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg FBB aus Sicht der Kritiker viel zu spät. "Die sogenannte Schlüsselfirma auf dem Bau des BER ist insolvent - und keiner kann mir erzählen, dass nicht vorher bekannt war, dass die Firma in Zahlungsschwierigkeiten steckte", sagt der Verkehrsexperte der CDU-Fraktion in Brandenburg, Rainer Genilke. Tatsächlich hatte es mit Imtech auf der Baustelle schon länger Probleme gegeben, die Liquiditätsengpässe der Firma, deren Mutter in Gouda in den Niederlanden sitzt, waren bekannt, nicht nur bei der FBB.

Zweifel an der Firma nährten vor Monaten Ermittlungen wegen eines massiven Korruptionsverdachts am BER, ein leitender Manager des Flughafens soll von Seite der Imtech geschmiert worden sein. Das Schmiergeld soll geflossen sein, damit vom Flughafen Rechnungen in Millionenhöhe schnell und ungeprüft bezahlt wurden. Die Firma habe 2013 "nur durch die Zahlung nicht geprüfter Forderungen von 40 Millionen Euro überlebt und das mit 150 000 Euro Schmiergeldern, also durch Korruption", erklärte Genilke. Die Flughafenverantwortlichen hätten sich erpressbar gemacht und sich die Machenschaften der Firma viel zu lange angeschaut.

Das Know-how der Imtech-Mitarbeiter steckt in zentralen Vorhaben des BER

Die Geschäftsführung sei gewarnt gewesen, meint Martin Delius, der Vorsitzende des Berliner BER-Untersuchungsausschusses. "Man hätte sich viel früher Gedanken darüber machen müssen, welche Alternativen es zu Imtech gibt", sagt der Fraktionschef der Piratenpartei. Die FBB hätte andere Anbieter suchen sollen. "Man hat sich von Imtech abhängig gemacht."

Die Flughafengesellschaft gibt sich nicht komplett überrascht. Die Probleme von Imtech waren für sie längst ein Thema. Die Geschäftsführung hoffte aber, dass die Firma gehalten werden könnte, eben weil der BER sie dringend brauchte. Man wollte Fehler der Vergangenheit vermeiden: Nach der 2012 verschobenen Eröffnung trennte man sich vom Planungsbüro des BER und löste erst recht Stillstand auf der Baustelle aus. Wichtiges Know-how fehlte.

Zu gravierend erschienen im Fall Imtech die Folgen einer Trennung, das Wissen seiner Mitarbeiter steckt in zentralen Bauvorhaben am BER.

Nun wird geprüft, wie die Arbeiten ohne großen Zeitverlust vorangetrieben werden können. Am Freitag war ein Teil der Imtech-Mitarbeiter nicht mehr auf der Flughafenbaustelle erschienen. Der vorläufige Insolvenzverwalter Peter-Alexander Borchardt will aber, dass es weitergeht: "Alle Bauvorhaben der Imtech Deutschland sollen fortgeführt werden." Sein Ziel sei der Erhalt des Unternehmens und aller Arbeitsplätze. Imtech habe auf dem BER ein Baurestvolumen im niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich sagte Geschäftsführer Mühlenfeld dem Tagesspiegel. Bei einem Fünf-Milliarden-Projekt nur ein kleiner Teil. Mühlenfeld aber weiß: "Das ist bei dem, was auf der Baustelle noch zu tun ist, nicht wenig."

© SZ vom 10.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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