Immobilien:Wenn der Versicherer das Haus finanziert

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Es wird viel gebaut - Investitionen in Immobilien sind angesichts der niedrigen Zinsen derzeit sehr beliebt. Nicht nur die Banken, auch die Versicherer bieten dafür Finanzierungen an. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Immer mehr Gesellschaften bieten Baudarlehen an. Die Kreditnehmer profitieren dabei von langen Laufzeiten.

Von Friederike Krieger, Köln

Wer auf der Suche nach einer Baufinanzierung für das Eigenheim oder die Eigentumswohnung ist, sollte nicht nur Angebote von Banken und Bausparkassen einholen. Auch Versicherer haben sogenannte Annuitätendarlehen im Programm. Sie können mit den Konditionen der Kreditinstitute durchaus mithalten - und sie bieten auch längere Laufzeiten.

"Versicherer bieten Baufinanzierungen schon seit vielen Jahren an", sagt Stephan Scharfenorth, Geschäftsführer des Vergleichsportals Baufi24. Allerdings sind sie derzeit mit weit mehr Enthusiasmus bei der Sache als früher. Der Grund dafür sind die Niedrigzinsen: Weil althergebrachte Kapitalanlagen wie Staatsanleihen kaum mehr Rendite abwerfen, sind vor allem Lebensversicherer händeringend auf der Suche nach Alternativen. Schließlich müssen sie rund 885 Milliarden Euro Kundengelder möglichst gewinnbringend investieren. Baufinanzierungen kommen den Versicherern da gerade recht. "Das Geschäft wird immer populärer", sagt Scharfenorth. Fast alle großen Gesellschaften wie Allianz, Axa, Ergo oder Generali mischen dabei mit.

885 Milliarden Euro Kundengeld müssen gewinnbringend investiert werden

Ein Vorteil bei der Baufinanzierung über einen Versicherer sind die möglichen langen Laufzeiten der Kredite. "Während Banken bei Zinsbindungen zwischen fünf und 15 Jahren stark sind, bieten Versicherer auch bei längeren Laufzeiten sehr gute Konditionen", sagt Michael Pflüger, Immobilienfinanzierungsexperte bei der Axa. Bei dem Versicherer sind auch Laufzeiten von 20 Jahren möglich. "Hypotheken mit langen Laufzeiten passen gut zu unseren ebenfalls lang laufenden Verpflichtungen", erklärt Johannes Dresbach, der für die Investmentstrategie der Axa zuständig ist. Mit Verpflichtungen meint er die Ansprüche der Kunden aus Lebensversicherungen - die ebenfalls oft viele Jahrzehnte laufen.

Scharfenorth vom Portal Baufi24 hält die langen Laufzeiten für einen großen Pluspunkt der Versicherer. "Für den Kunden ist es natürlich toll, wenn er sich im jetzigen Niedrigzinsumfeld Konditionen für 20 bis 30 Jahre sichern kann", sagt er. Auch bei den Zinssätzen müssten sich die Versicherer nicht verstecken. "Sie bieten zwar keine Kampfkonditionen, aber die Produkte der Versicherer sind absolut wettbewerbsfähig", sagt er.

So berechnet die Axa für eine Baufinanzierung in Höhe von bis zu 80 Prozent des Beleihungswerts und zehnjähriger Laufzeit einen Sollzins von 1,56 Prozent und einen effektiven Jahreszins - das ist der Sollzins plus Kosten - von 1,57 Prozent. Der Beleihungswert ist der Wert, den eine Immobilie im Fall des Verkaufs langfristig erzielen würde. Bei 15 Jahren sind es 2,05 Prozent Sollzins und 2,07 Prozent effektiver Jahreszins, bei 20 Jahren 2,39 Prozent und 2,42 Prozent. "Wir bieten nicht immer die Top-Konditionen, versuchen aber schon, bei den attraktivsten Anbietern im Markt dabei zu sein", sagt Axa-Berater Pflüger. Bei Laufzeiten zwischen zehn und 15 Jahren liege der Versicherer etwa gleichauf mit der ING Diba und der Commerzbank.

Die Nachfrage nach Baufinanzierungen ist groß. Axa hat eine Kreditsumme von rund 6,4 Milliarden Euro im Bestand. Das Unternehmen macht vor allem mit Privatkunden Geschäfte, die eine Eigentumswohnung oder ein Einfamilienhaus finanzieren wollen. "Die große Wohnanlage wird man bei uns eher nicht finden", sagt Dresbach. Ein weiterer Pluspunkt für den Versicherer: Die Baufinanzierungen erfordern unter den neuen EU-Eigenkapitalregeln Solvency II keine so hohe Unterlegung mit zusätzlichen Eigenmitteln wie andere Kapitalanlagen, etwa Aktien.

Bei den übrigen Konditionen - etwa der Möglichkeit, Sondertilgungen zu leisten - unterscheiden sich Versicherer kaum von den Banken.

Vorsichtiger als die Banken sind die Versicherer allerdings bei der Kredithöhe. So lassen sich die Gesellschaften selten auf Kredite jenseits von 80 Prozent des Beleihungswerts ein, bei Banken sind auch 100 Prozent möglich - sofern die Bonität des Kunden hoch und die Immobilie attraktiv ist. "Bei Versicherern ist oft schon bei 60 Prozent des Beleihungswerts Schluss", sagt Thomas Hentschel, Baufinanzierungsexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. "Die Kunden müssen sich die restlichen Finanzmittel dann woanders besorgen."

Hentschel warnt vor einer Kreditvariante, die einige Versicherer anbieten, dem sogenannten endfälligen Darlehen. Dabei zahlt der Kunde zunächst nur Zinsen, getilgt wird das Darlehen erst am Ende der Laufzeit - mithilfe einer kapitalbildenden Lebensversicherung, die er zusammen mit dem Kredit abschließt. "Davon halten wir nichts", sagt Hentschel. Lebensversicherungen werfen angesichts der aktuell niedrigen Zinsen immer weniger Rendite ab. Zudem ist das Steuerprivileg 2005 weggefallen, das heißt die Auszahlung unterliegt zumindest in Teilen der Einkommenssteuer. "Es kann passieren, dass die Ablaufleistung nicht ausreicht, um den Kredit zu tilgen", warnt Hentschel. Ein endfälliges Darlehen könne sich höchstens lohnen, wenn der Kunde die Immobilie vermieten will. Dann kann er die Zinsen und Schulden steuerlich geltend machen. "Ob das wirklich sinnvoll ist, kann aber nur ein Steuerberater entscheiden." Kombinationen aus Baufinanzierung und Kapitallebensversicherungen haben aber immer weniger Versicherer im Programm. "Wir bieten keine Koppelprodukte an", betont Michael Pflüger von der Axa. Bei Bedarf könne der Kunde zusätzlich eine Risikopolice zur Absicherung der Familie abschließen. Sie schützt vor den finanziellen Folgen, falls der Kreditnehmer stirbt. Das sei aber kein Zwang, betont er.

© SZ vom 12.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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