Immobilien:Unerklärlich hohe Preise

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Die Bundesbank warnt vor Sorglosigkeit bei der Wohnungs- oder Hausfinanzierung. Denn die Zinsen könnten auch wieder steigen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Viele Häuslebauer haben nicht für den Krisenfall vorgesorgt. (Foto: Johannes Simon)

Das waren sie wieder, die sorgenvollen Fragen. Droht ein neuerlicher Crash an den Finanzmärkten? Wie wahrscheinlich ist das? Und, wenn ja: Was könnte ihn auslösen?

Claudia Buch, die Vizepräsidentin der Bundesbank, schüttelt den Kopf. "Wenn wir das nur wüssten. Wir wissen nur, dass die generelle Unsicherheit größer ist als in der Vergangenheit", sagte sie am Mittwoch bei der Präsentation des Finanzstabilitätsberichts. In dem 109 Seiten starken Bericht warnt die Bundesbank vor mehreren Gefahren, die das deutsche Finanzsystem destabilisieren könnten: stark und rasch ansteigende Zinsen; ein konjunktureller Abschwung, bei dem die Banken mit hohen Kreditausfällen rechnen müssten; oder ein anderes Ereignis. Man muss also weiter mit der Ungewissheit leben.

Die Unruhe aber nimmt zu, denn die deutsche Wirtschaft wächst bereits das achte Jahr in Folge. Und, so die Bundesbank: Kein Boom währt ewig.

Rund die Hälfte der Kredite von Privaten dient der Wohnungsfinanzierung

Der deutsche Immobilienmarkt ist da ein gutes Beispiel. Immer mehr Menschen wollen angesichts der niedrigen Zinsen ein Eigenheim kaufen. Die Preise sind in den letzten Jahren daher stark gestiegen, vor allem in Ballungszentren wie Berlin, Hamburg, München und Frankfurt. Hier gebe es "Übertreibungen", so die Bundesbank. "Rund 15 bis 30 Prozent des Preisanstiegs in den Städten im Jahr 2016 können unsere Modelle nicht erklären", sagte Buch. Diese volkswirtschaftlich "unerklärlichen" Preisanstiege gewinnen an Tempo. Im Jahr 2015 bezifferte die Bank die Preisübertreibung noch auf zehn bis 20 Prozent.

Bildet sich da eine gefährliche Preisblase? Nein, das glauben die Bundesbanker nun auch nicht. Sie sind bei der Wahl der Worte vorsichtig. Allerdings warnen sie die Häuslebauer vor allzu großer Sorglosigkeit: Die Zinsen könnten steigen - dann wird die Anschlussfinanzierung teurer als vielleicht anfangs gedacht. Ob der private Immobilienbesitzer dafür Geld zurücklegt, darf man bezweifeln, und für viele, die bei steigenden Zinsen mehr an ihre Bank bezahlen müssen, könnte es dann enger werden. "Nicht jede Immobilienfinanzierung ist wetterfest. Das legen die am häufigsten auftretenden Zinsbindungsfristen von zehn Jahren und Tilgungssätze von zwei Prozent nahe", sagte Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ-Bank. Wenn nach Ablauf der Zinsbindungsfrist höhere Zinsen fällig würden, dabei aber nur rund ein Zehntel der Schuld abgetragen sei, könnte das für viele schwierig werden. "Zudem führt die relativ niedrige Tilgung zu langen Kreditlaufzeiten von 35 und mehr Jahren", sagt Bielmeier.

Ab welchem Preisniveau ist das Risiko hoch, dass der Immobilienmarkt kippt? Die Bundesbank weiß es nicht, sie beruhigt: Die Immobilienkredite stiegen derzeit nur moderat, die Banken hielten sich an strenge Vergabekriterien. Wer einen Kredit beantragt, braucht Sicherheiten und Eigenkapital. Doch "je länger Boomphasen dauern, desto größer die Neigung, diese in die Zukunft fortzuschreiben", warnt Buch.

Der Wohnimmobilienmarkt ist wichtig für die Finanzstabilität, denn Häuser- und Wohnungsfinanzierungen machen die Hälfte aller Kredite deutscher Banken an den Privatsektor aus. Steigende Zinsen würden also unter Umständen auch den Banken schaden. Die Bundesbank hat ein Szenario untersucht, in dem der Zins abrupt um zwei Prozentpunkte ansteigt. "In einem solchen Szenario würden die Erträge der kleinen und mittleren Banken und Sparkassen zunächst um 55 Prozent einbrechen, um dann mittelfristig zu einer Erholung zu führen", sagte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret.

Es gibt Anzeichen, dass der Häuserboom ausufert. Der kräftige Anstieg der Immobilienpreise betrifft mittlerweile nicht mehr nur die deutschen Großstädte, sondern auch immer mehr kleinere Städte und Gemeinden. "Der Preisanstieg nimmt auch in der Fläche zu", sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Buch. Im Schnitt stiegen die Preise für Wohnimmobilien zuletzt um 6,1 Prozent.

© SZ vom 30.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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