Immobilien:Titisee statt Mallorca

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Werbung für die Urlaubsregion Titisee-Neustadt im Schwarzwald. (Foto: imago/Eibner)

Deutsche Ferienimmobilien mit Seeblick oder Bergpanorama sind als Renditeobjekte gefragt. Doch es gibt viele Fallstricke.

Von Berrit Gräber

Noch bis vor zwei, drei Jahren war der Kauf einer Ferienimmobilie vor allem Ausdruck von Luxus und Liebhaberei. Wer sich eine schicke Finca unter der Sonne Spaniens leistete, ein Landhaus bei Florenz, eine Eigentumswohnung auf Sylt, wollte dort selbst Urlaub machen oder später seinen Lebensabend verbringen. Das Vermieten stand längst nicht im Vordergrund. Das hat sich geändert: Heute sind Ferienimmobilien zunehmend als reine Geldanlage gefragt. Und statt Mallorca oder Miami liegen jetzt Schwarzwald, Chiemsee oder Spreewald im Trend.

"Die Preise für Objekte, die hierzulande touristisch interessant sind, steigen gerade enorm", sagt Hans-Joachim Beck, Steuerspezialist beim Immobilienverband IVD in Berlin. Über 50 Prozent der von Deutschen gehaltenen Ferienimmobilien liegen inzwischen im Inland, stellt er fest. "Wir sind erstaunt, dass Anleger den Ferienimmobilienmarkt so stark im Fokus haben", sagt Sascha Anspichler, Geschäftsführer der FP Assetmanagement in Freiburg. Doch die Investition birgt viele Fallstricke.

Der Nachfrageboom wird durch ganz unterschiedliche Ursachen befeuert. Zum einen sind viele Bundesbürger in Niedrigzinszeiten händeringend auf der Suche nach soliden Investitionsmöglichkeiten. Die Preise für Immobilien in Ballungsräumen sind längst auf Rekordhöhen - das öffnet den Blick für Alternativen in Touristenhochburgen. Denn Urlaub im eigenen Land ist wieder angesagt, auch weil die Angst vor terroristischen Anschlägen im Ausland immer weiter um sich greift.

Der Hype um vermeintliche Traum-Domizile im sonnigen Süden ist längst abgekühlt. Vor allem in Spanien, Italien oder Frankreich liegt der Immobilienmarkt weitgehend am Boden. Wer vor Jahren aus Begeisterung für Land und Leute in eine zweite Heimat investierte, empfindet sie heute als finanziellen Klotz am Bein, so die Erfahrung von Peter Schöllhorn. Er ist Anwalt bei der Deutschen Schutzvereinigung Auslandsimmobilien. Aktuell suchen investitionsbereite Bundesbürger lieber mit kühlem Kopf nach gewinnversprechenden Schnäppchen im eigenen Land. "Oft steckt die Idee dahinter, die Immobilie zehn Jahre als reines Renditeobjekt zu halten und sie erst später im Alter vielleicht einmal selbst zu nutzen", erläutert Beck.

Das Inland hat auch ganz praktische Vorteile: Im Gegensatz zum Auslandskauf sind die Modalitäten beim Grunderwerb hierzulande vertraut und weniger risikoreich, auch was das Vererben betrifft. Außerdem locken Steuervorteile: Unter bestimmten Bedingungen bekommt der Käufer die in den Anschaffungs- und Betriebskosten enthaltene Umsatzsteuer vom Fiskus zurück.

Wohnungen und Häuser, die zwischen 150 000 und 200 000 Euro kosten, sind besonders gefragt. Oft stehen die Kaufinteressenten regelrecht Schlange. Wie zum Beispiel für ein Neubauprojekt am Titisee im Schwarzwald. "Die Region würde man auf den ersten Blick nicht als Eins-a-Lage bezeichnen, sie ist aber ein Touristenmagnet und mit Preisen von weniger als 3000 Euro pro Quadratmeter sehr attraktiv", sagt Anspichler. Zur Orientierung: Im malerischen Freiburg, dem teuersten Immobilienstandort Deutschlands gemessen am Durchschnittseinkommen, müssten Käufer für Vergleichbares etwa 9000 Euro pro Quadratmeter hinblättern.

Nach Ansicht von Vermögensverwalter Anspichler sind mit einer Investition in die "richtige" Ferienimmobilie etwa drei bis vier Prozent Rendite im Jahr möglich. "Stimmen alle Parameter, lässt sich so in der Regel mehr Gewinn erzielen als mit normalen Mietobjekten in vergleichbarer Lage und Ausstattung", ist Anspichler überzeugt. Mehrfachvermietung schlägt Dauermieteinnahme. Die Vorstellung, dass sich ganzjähriges Vermieten an Touristen ordentlich rechnet, sei inzwischen weit verbreitet, sagt auch Beck. Er dämpft aber allzu große Gewinnerwartungen: Mehr als gut drei Prozent Rendite sei für ein Standardobjekt unterm Strich nicht zu erzielen. Wer auf eine automatische Wertsteigerung spekuliere, werde meist enttäuscht, gibt Fachmann Schöllhorn zu bedenken.

Soll sich das Investment rechnen, müsse in jedem Fall vorher eine ungeschminkte Kosten-Nutzen-Berechnung her, betont Anspichler. Was die Rendite immer drückt, sind die laufenden Kosten für Vermarktung, Verwaltung und Instandhaltung des Objekts. Wer nicht alles selbst stemmen kann, muss dafür teuer bezahlen. Beispiel Titisee: Garantiert eine professionelle Vermietungsgesellschaft dem Eigentümer über zehn Jahre eine feste Miete und kümmert sich obendrein um das Gebäudemanagement, nagt das unweigerlich an der Rendite. Von erzielbaren 90 Euro Gewinn am Tag bleiben dem Eigentümer dann beispielsweise nur noch etwa 60 Euro. Und dann langt auch noch das Finanzamt zu. "Einnahmen aus der Vermietung privater Ferienwohnungen müssen versteuert werden", betont Inka-Marie Storm von der Eigentümergemeinschaft Haus und Grund Deutschland. Wer schwarz kassiert und auffliegt, hat viel Ärger am Hals. Problematisch kann es auch werden, wenn jemand in Städten wie Berlin oder München eine normale Wohnung kauft und übers Internet als Feriendomizil anbietet, um mehr Geld rauszuholen. Das ist Zweckentfremdung und wird mit Bußgeldern im vier- und fünfstelligen Bereich geahndet. "Wir raten von einem Investment ab, wenn lediglich eine tolle Rendite dabei rausspringen soll", sagt Petra Uertz, Bundesgeschäftsführerin des Verbands Wohneigentum in Bonn. Fachmann Schöllhorn hält "das Vergnügen" an einer Ferienimmobilie für wichtiger als die Jagd nach finanziellen Vorteilen. "Es ist eine Illusion, zu glauben, dass man Geld mit der Vermietung verdient, kostenlos dort selbst Urlaub machen kann und in fünf Jahren dann fürs Doppelte wieder verkauft."

© SZ vom 08.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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