Hugo Boss:Kleine Gewinne, große Turbulenzen

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Boss-Chef Mark Langer und zwei Models bei der diesjährigen Fashionshow in Mailand im Februar. (Foto: Getty Images)

Der Mode-Konzern steht nach Jahren der Restrukturierung vor einer unsicheren Situation - auch wegen Corona.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Seit vier Jahren rackert sich Mark Langer nun schon ab als Chef des Mode-Konzerns Hugo Boss. Zunächst war er in Personalunion Vorstands- und Finanzchef, trotz dieser Doppelbelastung räumte er kräftig auf: Er entsorgte die zwei kostspieligen Submarken Orange und Green, er forcierte das zuvor vernachlässigte Online-Geschäft, er modernisierte das Filialnetz, er tat dies und das. Aber es half alles nichts. Seitdem er 2016 zum Boss-Boss aufrückte, sind Umsatz und Ergebnis nur leicht angestiegen. Damit blieb das M-Dax-Unternehmen aus Metzingen bei Stuttgart unter den Erwartungen, der Börsenwert brach um fast zwei Drittel ein von 7,2 auf 2,7 Milliarden Euro.

Bei der Präsentation der Zahlen für das Geschäftsjahr 2019 am Donnerstag gibt sich Langer wie immer kämpferisch und optimistisch, aber eine baldige Trendwende ist kaum in Sicht. Der 51-Jährige spricht von einem "turbulenten Marktumfeld" und einer "unsicheren Situation". Mit Letzterem meint er die Auswirkungen des Coronavirus auf die Gewinne 2020. Doch diese "unsichere Situation" trifft auch auf Langer selbst und das Unternehmen zu.

Denn angesichts des anhaltend niedrigen Börsenwerts gilt der weltbekannte deutsche Modekonzern als Übernahmekandidat, auch weil 88 Prozent der Aktien im Streubesitz sind. Langer ist wegen der Lage ebenfalls ein Wackelkandidat. Sein Vertrag läuft 2021 aus und wird wohl nur verlängert, wenn vorher nicht noch mehr dazwischen kommt.

Der Betriebswirt und Maschinenbauer gesteht ein, dass 2019 "Fehler gemacht wurden". Diese seien aber behoben und der Vorstand habe bei Aufsichtsräten und Investoren "breite Zustimmung". Der Aktienkurs "enttäuscht" auch ihn, aber Boss sei besser aufgestellt als andere Wettbewerber aus dem gehobenen Preissegment. Dennoch wird ihm demnächst ein potenzieller Nachfolger zur Seite gesetzt: Der ehemalige Tom-Tailor-Chef Heiko Schäfer übernimmt Mitte März im Vorstand das Amt des Chief Operating Officer (COO). Er wird für Produktion, Beschaffung und Qualitätsmanagement verantwortlich sein.

Wird er Langer den Rücken freihalten, damit dieser sich mehr um die Strategie kümmern kann? Oder wird er mehr Konkurrent als Kollege sein? Beim ersten gemeinsamen Auftritt geben sich beide harmonisch: "Ich freue mich sehr", sagt Langer, Schäfer werde "maßgeblich beitragen, Prozesse und Profitabilität zu optimieren".

Erst nach der Vorstellung seines neuen Kollegen berichtet Langer die Geschäftszahlen: Der Umsatz stieg 2019 um zwei Prozent auf 2,9 Milliarden Euro, gleichzeitig sank das operative Ergebnis um vier Prozent auf 333 Millionen Euro. Damit erfüllt Boss die im Oktober heruntergeschraubte Prognose. Bei den Aussichten für 2020 gibt sich Langer vorsichtig, er schließt weiter sinkende Gewinne nicht aus - vor allem wegen des Coronavirus.

Im Februar seien mehr als die Hälfte aller 150 Boss-Läden in China geschlossen gewesen. Die restlichen Filialen hätten einen starken Kundenrückgang verzeichnet. Auch in Südkorea, Japan, Italien und Städten wie London und Paris kämen weniger chinesische Touristen in die Geschäfte. Langer spricht von einer "erheblichen Beeinträchtigung" des wichtigen Asien-Marktes. Trotz aller Widrigkeiten will Boss die Dividende erhöhen - um fünf Cent auf 2,75 Euro. Die Aktie stieg um drei Prozent auf 38 Euro.

© SZ vom 06.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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