Modebranche:Krise im Anzug

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Meistens geschlossen: Ein Boss-Geschäft in Berlin. (Foto: imago)

Herber Umsatzrückgang und hohe Verluste: Der Herrenausstatter Hugo Boss leidet unter der Pandemie - die Leute brauchen keine teure Kleidung mehr fürs Büro oder für große Feste.

Von Caspar Busse, München

Kaum noch Geschäftstermine oder -reisen, leere Büros, keine Partys oder großen Feierlichkeiten - die schwäbische Modefirma Hugo Boss klagt über einen deutlichen Nachfragerückgang. Die Kunden - und die sind bei Boss noch immer in der Mehrzahl Männer - brauchen momentan keine teuren Outfits. Anzüge, Hemden und Krawatten sind out, Smokings und andere Abendgarderobe erst recht. Nur noch knapp 20 Prozent des Umsatzes machte Hugo Boss im vergangenen Jahr mit dem Verkauf von klassischen Herrenanzügen, sagt Vorstandssprecher Yves Müller. Dabei ist das Unternehmen aus Metzingen an der Schwäbischen Alb einst als Ausstatter der Büromenschen großgeworden.

"Die Pandemie hat den Trend zur Casualisierung deutlich beschleunigt", stellt Müller fest. Die Kunden tragen also inzwischen fast überwiegend Jeans, Jogginghosen, T-Shirts und Hoodys, und gerade hier sind andere Marken erfolgreicher als Boss. Müller kündigte an, dass künftig mehr in diesem Bereich angeboten werde, man werde mehr auf lässige und sportliche Mode umschwenken. Boss soll eine Marke werden, "die den modernen Mann im Tagesverlauf begleiten" werde, also auch Outfits für Freizeit, Zuhause oder Sport anbietet. "Wenn Sie schick aussehen wollen, dann gehen Sie zu Boss", wirbt Müller, der das Unternehmen derzeit übergangsweise führt. Im Sommer soll Daniel Grieder Vorstandsvorsitzender von Hugo Boss werden. Der Schweizer hatte bis zum vergangenen Jahr die Weltmarke Tommy Hilfiger geführt, die deutlich größer als Boss ist und die es bereits geschafft hat, mit einem deutlich breiteren Angebot erfolgreich zu sein. Grieder, so die Hoffnung, könnte Boss öffnen und auf einen ähnlichen Weg wie Hilfiger bringen. Ob das gelingt, ist offen.

Der Online-Handel ist nur sehr schwach ausgeprägt

Die aktuellen Zahlen sehen schlecht aus: Der Hugo-Boss-Umsatz sank 2020 um ein Drittel auf nur noch 1,95 Milliarden Euro. Das Modeunternehmen verbuchte unter dem Strich einen Verlust von 219 Millionen Euro, nach einem Gewinn von 205 Millionen ein Jahr zuvor. Die Zahl der Mitarbeiter ging zurück, es gibt Kurzarbeit. 2020 waren im Durchschnitt über das Jahr hinweg 30 Prozent aller Bossläden geschlossen. In China ging es zuletzt wieder aufwärts, in Europa sieht es noch schlecht aus. Boss-Chef Müller erwartet, dass auch das laufende Quartal noch schwierig sein wird. Für das Gesamtjahr rechnet er aber wieder mit steigenden Umsätzen und einer verbesserten Profitabilität. Eine konkrete Prognose gab es aber nicht.

Ein weiteres Problem für Hugo Boss ist, dass der Onlinehandel nur schwach ausgeprägt ist. Der sei 2020 zwar um fast 50 Prozent gewachsen, mit Onlinebestellungen werden aber lediglich etwa 200 Millionen Euro umgesetzt, das sind nur elf Prozent des gesamten Umsatzes. Dazu kommt, dass bei Hugo Boss auch die kaufkräftigen Touristen fehlen, die immer gerne und viel in den Geschäften eingekauft haben. Die Boss-Aktie rutschte zwischenzeitlich deutlich ab. Boss-Chef Müller hofft nun, dass die Menschen in diesem Jahr wieder verstärkt shoppen gehen. Feierlichkeiten wie Hochzeiten, Konfirmationen und andere gesellschaftliche Anlässe würden womöglich nachgeholt. Dafür bräuchten die Menschen dann ein passendes Outfit.

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