Huawei:Plötzlich politisch

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Wegen des Konflikts mit US-Präsident Donald Trump hat der Smartphonehersteller Huawei weniger Handys verkauft. Der Konzern hofft nun aufs große Geschäft mit 5G. Denn er bietet auch Technik an, die in Mobilfunkmasten steckt.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

David Wang spricht, als sei da etwas über ihn hereingebrochen. Sein Konzern habe viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sagt der Vizechef von Huawei in Deutschland. Doch das sei keine Absicht gewesen. "Wir wollen nicht, dass unsere Geschäfte politisiert werden", so der Chinese. Unsicherheit in Sachen Regulierung sei das Letzte, was Huawei wünschte.

Doch genau damit muss der Konzern leben, seitdem US-Präsident Donald Trump ihn im Mai auf eine sogenannte schwarze Liste gesetzt hat. Dies droht Geschäfte zwischen dem großen Smartphonehersteller aus China und Technologiekonzernen aus Amerika zu erschweren. Zwischenzeitlich sah es so aus, als könnte etwa Google keine neuen Versionen seines Betriebssystems Android mehr an Huawei verkaufen. Auch Chiphersteller wie Intel kündigten an, ihre Lieferungen zu drosseln. Bis Trump sein Dekret am Rande des G-20-Gipfels Anfang Juli teilweise ausgesetzt hat. Wie dieser Technologiekampf zwischen China und den USA ausgehen wird, scheint offen.

"Der Kunde hat gezögert, aber der Markt hat sich wieder erholt."

Jedenfalls hat Huawei in der Phase der Unsicherheit weniger Handys in Deutschland verkauft. "Es gab einen Rückschlag am Markt", sagt Wang. "Der Kunde hat gezögert, aber der Markt hat sich wieder erholt." Die Verkaufszahlen seien nun fast wieder auf dem Niveau vor Ausbruch des Konflikts, ergänzt zwar William Tian, der für das Smartphonegeschäft des Konzerns in Deutschland verantwortlich zeichnet. Das heißt aber auch: Der transpazifische Streit schadet Huawei noch immer.

Umso mehr betont Tian, dass Käufer nun wieder Zugang zu allen Apps haben. "Wir bekennen uns weiter zum Android-Ökosystem." Und noch immer verkauften alle großen Mobilfunkanbieter in Deutschland Geräte von Huawei in ihren Filialen.

Hintergrund der Auseinandersetzung: Die USA warnen ihre Verbündeten davor, dass China Huawei eines Tages dazu zwingen könnte, der Regierung Einblick in Kundendaten zu gewähren. Der Konzern aus Shenzhen könne den Mobilfunk im Westen gar lahmlegen, wenn er wolle. Huawei hat derlei Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Der Konzern ist nicht nur zweitgrößter Smartphonehersteller der Welt, sondern auch Marktführer für die Technik, die in Mobilfunkmasten steckt. Als Ausrüster konkurrieren die Chinesen hier vor allem mit Ericsson aus Schweden, Nokia aus Finnland und ihren Landsleuten von ZTE.

Umso ungünstiger ist für Huawei der Zeitpunkt des Konflikts: Viele Telekommunikationskonzerne weltweit rüsten ihr Netz derzeit für den neuen Mobilfunkstandard 5G auf. Dieser kann selbst große Datenmengen in Windeseile übertragen; seine Reaktionszeit kann mit dem menschlichen Nervensystem mithalten. Dies gilt als Voraussetzung für Zukunftstechnologien wie autonome Fahrzeuge oder vernetzte Roboter, für die Echtzeitübertragung auf Datenbrillen oder millimetergenaue medizinische Eingriffe aus der Ferne.

Huawei habe weltweit schon gut 50 Verträge mit Telekommunikationsunternehmen geschlossen, die 5G-Netze nun auch mit Technik aus Shenzhen aufbauen, sagt Wang. Dabei deutet sich eine Zweiteilung der Mobilfunkwelt an: In den USA und Australien dürfen Netzbetreiber keine Ausrüstung von Huawei mehr in 5G-Netze verbauen. In Staaten wie Japan oder Südkorea funken hingegen schon insgesamt 150 000 5G-Basisstationen mit Technik des Konzerns.

Wang hofft nun, dass Huawei 5G-Ausrüstung auch an hiesige Mobilfunkkonzerne verkaufen kann. Diese unterscheiden den besonders sicherheitsrelevanten Kern- vom Randbereich ihrer Netze. Vodafone Deutschland etwa bekennt sich zu dem Lieferanten: "Wir fahren seit Jahren eine Zwei-Hersteller-Strategie mit Ericsson und Huawei", sagt Technikchef Gerhard Mack. "Das gilt auch für 5G." Einzig im Daten-Kernnetz verwende Vodafone ausschließlich Ausrüstung von Ericsson.

Deutschlandzentrale in Düsseldorf: Die USA warnen vor dem Konzern - aus Angst vor Spionage. (Foto: Wolfgang Rattay/Reuters)

Die Deutsche Telekom hat zuletzt angekündigt, dass sie ihre Beschaffungsstrategie neu bewerten wolle. Der Konzern wolle grundsätzlich nie abhängig von einem einzigen Lieferanten sein, sagte Technikvorstand Claudia Nemat kürzlich. "Diese Aussage gilt in alle Richtungen, egal aus welcher Region der Welt." Einzig für die Telekom-Tochter T-Mobile US steht bereits fest, dass sie beim 5G-Ausbau auf Ausrüstung von Huawei verzichten muss.

Die Chinesen überlegen indes, wie sie künftig unabhängiger von Software und Chips aus dem Westen werden könnten, um vor einer drohenden Eskalation des Konflikts gefeit zu sein. Eine weltweite Lieferkette sei wichtig für Technologiekonzerne, sagt Wang, doch: "Wenn sie nicht existiert, müssen wir einen Plan B haben."

© SZ vom 17.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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