Hochtief vs. ACS:Das löst mal schön allein

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Die Bundesregierung zeigt Hochtief im Kampf um die Eigenständigkeit die kalte Schulter: Das Vorgehen des spanischen Baukonzerns ACS ist wohl rechtens, eine Änderung des Übernahmegesetzes "nicht sinnvoll".

S. Weber, T. Öchsner u. M. Bernstein

Im Kampf um seine Unabhängigkeit kann der Hochtief-Konzern voraussichtlich nicht auf Unterstützung der Bundesregierung hoffen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag, eine erste Prüfung des Übernahmegesetzes habe ergeben, dass Änderungen "nicht sinnvoll" seien. Neue Vorschriften seien "im Moment eher unwahrscheinlich". Bei dem Vorgehen des spanischen Bauunternehmens ACS, das seine Beteiligung an Hochtief von 29,98 Prozent auf mehr als 50 Prozent aufstocken will, handele es sich nicht "um einen Fall von Anschleichen". Die Bundesregierung glaube auch nicht, dass an dem Verhalten des Madrider Konzerns rechtlich "irgendetwas auszusetzen" sei. Die Bundesregierung verstehe die Sorgen der Belegschaft, sie sehe es jedoch nicht als ihre Aufgabe an, die Übernahme "durch Regierungshandeln zu verhindern".

Die Hochtief-Mitarbeiter bangen: Was bringt die Zukunft, wenn die Spanier komplett übernehmen? (Foto: dapd)

Dafür spricht auch, dass die Liberalen strikt gegen schärfere Gesetze sind. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sagte: "Die gesetzlichen Regelungen sind aus meiner Sicht ausreichend." Wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei auch er dafür, dass Hochtief seinen Sitz in Essen behalte. Er wolle aber nicht in die Belange der Firmen eingreifen.

Dagegen sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, er wolle "den anderen Fraktionen anbieten, gemeinsam eine Gesetzesnovelle zu beschließen, die faire Wettbewerbsbedingungen schafft". Das, so Gabriel, könne "sehr schnell" gehen, so dass ein geändertes Gesetz auch noch für Hochtief gelten könne. Es gehe nicht darum, Übernahmen zu verhindern, sondern Regelungen zu treffen, wie sie in anderen europäischen Staaten üblich seien. Am Montag schaltete sich erstmals der australische Baukonzern Leighton, an dem Hochtief mit 54,5 Prozent beteiligt ist, in den Übernahmekampf ein.

Dessen Management appellierte an die australische Wertpapieraufsicht, ACS dazu zu verpflichten, den Leighton-Minderheitsaktionären ein Barangebot inklusive eines Aufschlags für die Kontrollübernahme zu unterbreiten - für den Fall, dass die Börsenaufsicht von den Spaniern überhaupt eine Offerte für Leighton verlangt. Das ist noch nicht entschieden. Hochtief pocht darauf, dass ACS auch ein Übernahmeangebot für das australische Unternehmen abgeben muss, das 2009 etwa 80 Prozent zum Konzernergebnis von Hochtief beigesteuert hat. Die Wertpapieraufsicht hat sich noch nicht geäußert, wie sie den Fall bewertet. Eine Offerte auch für Leighton würde die geplante Übernahme von Hochtief für ACS erheblich verteuern. Der Konzern wird an der Börse derzeit mit knapp acht Milliarden Euro bewertet.

ACS hatte in der vergangenen Woche überraschend beschlossen, sich von seinen Aktionären zunächst eine Kapitalerhöhung von etwa sechs Milliarden Euro genehmigen zu lassen. Gleichzeitig hatten die Spanier bei der deutschen Wertpapieraufsicht Bafin eine Fristverlängerung um vier Wochen bis zur Einreichung der Angebotsunterlagen beantragt. Das gibt Hochtief Zeit, neue Abwehrmaßnahmen zu entwickeln. "Wir prüfen alle Möglichkeiten", betonte eine Sprecherin. Dazu gehöre unter anderem eine Kapitalerhöhung. (Kommentare)

© SZ vom 19.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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