Hochtief:Übernahme? Unerwünscht!

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Der Baukonzern Hochtief betrachtet die Pläne des spanischen Großaktionärs ACS als feindliche Übernahme. Mit Hochdruck arbeiten nun die Essener an einer Gegenstrategie.

Stefan Weber

Der größte deutsche Baukonzern Hochtief betrachtet die Übernahmepläne seines spanischen Großaktionärs ACS als feindliches Angebot und will sich dagegen zur Wehr setzen. Mit welcher Strategie das Unternehmen seine Unabhängigkeit verteidigen will, war am Freitag, einen Tag nachdem ACS seine Absicht öffentlich gemacht hatte, noch nicht klar. "Wir sitzen mit unseren Beratern zusammen und diskutieren alle Aspekte dieser für uns neuen Situation", sagte Vorstandschef Herbert Lütkestratkötter der Süddeutschen Zeitung. Über das Vorgehen der Spanier, die Hochtief am Donnerstag erst auf Nachfrage über ihre Pläne informiert hätten, sei er "persönlich sehr enttäuscht".

Hochtiefchef Lütkestratkötter ist "persönlich sehr enttäuscht". Im Bild: die Elbphilharmonie Hamburg, ein Prestigeprojekt von Hochtief. (Foto: dpa)

Besondere Eile bei der Entwicklung einer Abwehrstrategie sieht Lütkestratkötter nicht: "Erstmal muss das bisher lediglich angekündigte Angebot vorliegen. Und dann beginnen unsere Überlegungen keineswegs bei Null. Denn wir haben uns bereits Vergangenheit Gedanken gemacht, welche Möglichkeiten wir in einem solchen Fall haben."

Ein ACS-Manager sagte am Freitag nur: "Unsere Intentionen sind sehr freundschaftlich."

Kredite als Trumpf

Branchenkreise schätzen die Aussichten von Hochtief, die Offerte aus Madrid abzuwehren, nicht sonderlich hoch ein. Das Kalkül der Spanier ist, zunächst die eigene Beteiligung von 29,98 Prozent über die Schwelle von 30 Prozent zu hieven. Zu diesem Zweck will ACS allen Anteilseignern einen Aktientausch vorgeschlagen: acht ACS-Aktien für fünf Papiere von Hochtief. Das ist ein wenig attraktives Angebot, denn es entspricht nur einem Wert von gut 56 Euro je Hochtief-Aktie. Dagegen notierte das Papier an der Börse am Freitag bei gut 60 Euro. Nach Überschreiten der Schwelle von 30 Prozent können die Spanier je nach Marktsituation Schritt für Schritt Aktien zukaufen, ohne noch einmal allen Aktionären ein üblicherweise mit einem kräftigen Aufschlag auf den Börsenkurs versehenes Übernahmeangebot machen zu müssen. Gegen diese Strategie ist wenig auszurichten. Außer Hochtief kann den Großaktionär doch noch dazu bewegen, das bisher lediglich angekündigte Übernahmeangebot am Ende doch nicht vorzulegen.

Ein Trumpf von Vorstandschef Lütkestratkötter bei der Verteidigung der Unabhängigkeit seines Unternehmens ist ein Strauß von Kreditvereinbarungen, den der Essener Konzern vornehmlich im vergangenen Jahr mit verschiedenen Banken getroffen hatte. Danach können die verschiedenen Kreditgeber ihre Engagements vorzeitig beenden, wenn sich die Kräfteverhältnisse im Eigentümerkreis grundlegend verändern. Diese sogenannten Change-of-Control-Bestimmungen könnten für Hochtief beziehungsweise einen neuen Mehrheitsaktionär teuer werden. Sie müssten Darlehen kurzfristig zurückzahlen beziehungsweise sich um neue Finanzierungen bemühen. Dabei geht es um Beträge in Höhe von mehreren Milliarden Euro.

Sensible Projekte

Ein Kontrollwechsel hätte auch Folgen für die zahlreichen Projekte, die Hochtief gemeinsam mit öffentlichen Auftraggebern abwickelt, wie Autobahnen, Schulen bis hin zu Kasernen. Solche Projekte haben lange Laufzeiten und sind zum Teil sehr sensibel. Deshalb wollen Bund, Länder und Gemeinden bei diesen Geschäften einen stabilen Partner mit ins Boot nehmen. Sie vereinbaren somit häufig Klauseln, die eine vorzeitige Beendigung des Vertrages erlauben, wenn sich die Verhältnisse im Eigentümerkreis ändern.

Die im vergangenen Jahr schärfer gefassten Change-of-Control-Bestimmungen waren Teil des Maßnahmenpakets, mit dem Hochtief sich vor einer Übernahme wappnen wollte. Dazu gehörten auch die vielfältigen Versuche von Konzernchef Lütkestratkötter, den Aktienkurs in die Höhe zu hieven und damit einen möglichen Käufer abzuschrecken. Der im Dezember 2009 fehlgeschlagene Versuch, die Tochter Concessions, die unter anderem die Beteiligungen an sechs Flughäfen dirigiert, an die Börse zu bringen, war eine solche Aktion. Oder die Ankündigung, den Gewinn vor Steuern schon innerhalb weniger Jahre um zwei Drittel auf eine Milliarde Euro zu steigern.

Geholfen hat dies nichts. Mit dem Rückenwind der allgemeinen Erholung an der Börse erholte sich zwar auch die Hochtief-Aktie von ihrem Tiefststand im Jahr 2009, als sie nur 24 Euro kostete. Aber verglichen mit anderen Bauunternehmen ist Hochtief auch mit einer Marktkapitalisierung von gut vier Milliarden Euro preiswert.

In der Führungsetage von Hochtief kursiert seit langem die Sorge, dass die Spanier irgendwann einmal die Hand nach einer Mehrheit ausstrecken. Das Madrider Unternehmen hatte im März 2007 für knapp 1,3 Milliarden Euro ein 25,1 Prozent-Aktienpaket erworben. Später stockten die Spanier den Anteil im Zuge eines Optionsgeschäfts auf knapp 30 Prozent auf. Da die übrigen Anteile breit gestreut waren, musste Hochtief ständig mit der Angst leben, dass sich ACS den Konzern einverleiben würde. Zumal die Spanier dringend nach Möglichkeiten suchen, ihr bisher vor allem auf den Heimatmarkt sowie Südamerika ausgerichtetes Geschäft stärker regional zu streuen.

Im Aufsichtsrat von Hochtief, dem auch zwei Vertreter von ACS angehören, wurde die Möglichkeit einer Übernahme 2009 mehrfach thematisiert. Aktionäre äußerten noch im Mai auf der Hauptversammlung entsprechende Bedenken. Aber Aufsichtsratschef Martin Kohlhausen beruhigte: Aus den Kontakten mit ACS gebe es keine Erkenntnisse, dass der Hauptaktionär eine Veränderung der Verhältnisse bei Hochtief anstreben würde. Am Freitag betonte Lütkestratkötter: "Wir haben ACS immer so verstanden, dass sie keine weiteren Anteile erwerben wollen."

© SZ vom 18.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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