Hilmar Kopper:Mr. Klartext drückt sich vor dem Ruhestand

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Der frühere Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper wird 75. Vom Tagesgeschäft kann der streitbare Banker jedoch nicht lassen.

Harald Freiberger

Eigentlich ist es nicht verwunderlich, dass das mit den "Peanuts" gerade ihm passieren musste. Hilmar Kopper war nie einer, der seine Worte diplomatisch abwägt, aus dessen Mund nur weichgespülte Floskeln kommen. Kopper spricht Klartext.

So etwa im Herbst 2008 auf dem Höhepunkt der Finanzkrise in einer Talkshow: "Die Politik hat keine Ahnung vom Banking, was sie bei den Landesbanken hinlänglich bewiesen hat", sagte er zum Beispiel. Oder: Banken, die zu hohe Risiken eingegangen sind, werden "brutal abgestraft. Alles weg. Alles tot."

Kein Wunder, dass so einem das mit den Peanuts herausrutschte. Es war 1994 anlässlich der Pleite des Baulöwen Jürgen Schneider, bei der Handwerkerrechungen über 50 Millionen Euro offenblieben. Peanuts seien solche Beträge für ein Institut wie die Deutsche Bank, deren Chef er damals war.

Er wollte das auf das Kreditbuch seiner Bank beziehen, aber die Öffentlichkeit bezog es auf die Handwerker. Von da an war Kopper in Deutschland das Sinnbild für Kälte und Arroganz. Aus dem "Deutsche-Bank-Kopper" wurde der "Peanuts-Kopper", und er ist es bis heute geblieben. Am Samstag feiert er seinen 75. Geburtstag.

Kein Sonnyboy

Das mit den Peanuts sieht er inzwischen gelassen. Er hat sich selbstironisch einmal mit einem Berg Erdnüssen fotografieren lassen. Mit Vereinfachungen müsse man in einer herausgehobenen Position leben, meint er. Herausgehoben war er über Jahrzehnte. 1989 wurde er bei der Deutschen Bank Nachfolger des von der RAF ermordeten Alfred Herrhausen.

Der war so ziemlich das Gegenteil von ihm. Der Branchenfremdling Herrhausen strahlte mit seinen gesellschaftlichen Visionen nach außen, nach innen aber musste er mit Widerständen kämpfen. Kopper dagegen war nach außen "Mr. Peanuts", bei seinen Mitarbeitern aber sehr beliebt. Das lag auch daran, dass er sich stets schützend vor die eigene Mannschaft und die eigene Zunft stellte. Er war nicht der Sonnyboy, sondern derjenige, der sagt, was Sache ist.

Kopper stammt aus Westpreußen. Im Krieg musste er als Kind er mit seiner Familie nach Lübeck flüchten. Für ein Studium war kein Geld da, deshalb machte er 1954 eine Lehre bei der Deutschen Bank in Köln. 1969 war er Filialleiter in Leverkusen, 1977 berief man ihn in den Frankfurter Konzernvorstand.

Schrempp und Kopper - das "Duo Infernale"

Kopper war es, der die Deutsche Bank zu der Universalbank machte, die sich heute ist. Darauf sei er am stolzesten, sagt er. Er kaufte Ende der 80er Jahre die US-Investmentbank Bankers Trust und holte 1996 einen gewissen Josef Ackermann aus der Schweiz, der die Sparte ausbaute. Als Kopper 1997 an Rolf-Ernst Breuer übergab, blieb er noch über Jahre Aufsichtsratschef, und das nicht nur bei der Deutschen Bank.

Mehr als 60 Mandate in Kontrollgremien übte er in seiner Laufbahn aus - ein Zeichen dafür, dass Kopper über lange Zeit im Mittelpunkt jenes Netzwerkes saß, das Deutschland AG hieß. Sein umstrittenster Aufsichtsratsvorsitz war der bei Daimler-Chrysler.

Zusammen mit Vorstandschef Jürgen Schrempp bildete er ein "Duo Infernale", das durch die später gescheitere Fusion mit Chrysler und Mitsubishi im Laufe der Jahre viele Milliarden versenkte. Öffentlich verteidigte er Schrempp: "Das war eine der besten professionellen Beziehungen, die ich in meiner Laufbahn hatte", sagte er über Schrempp. "Diese Freundschaft war absolut zuverlässig. Da gab es keine Überraschungen, keine versteckte Agenda."

Comeback mit der Krise

Als Kopper 2007 aus dem Daimler-Aufsichtsrat ausschied, schien es ruhiger um ihn zu werden. Zusammen mit seiner zweiten Frau Brigitte Seebacher, der Witwe von Willy Brandt, engagierte er sich in seinem Wohnort im Westerwald in einer Initiative gegen Windräder.

Er ging wandern, genoss den Ruhestand. Doch auf dem Höhepunkt der Finanzkrise war er wieder gefragt. Während sich andere Banker versteckten, ging er in Talkshows und verteidigte seine Zunft, dickschädelig, Klartext redend wie immer.

Warum Banken zu wenig Kredite vergeben? "Ich dachte, wir sollen alle ins Gefängnis, weil wir viel zu riskante Geschäfte machen?". Die angeschlagenen Banken? "Sollte man verstaatlichen, der Staat übernimmt die Institute, rekapitalisiert sie und kann sie danach wieder privatisieren."

Der Kunde als Täter

Die Bankkunden? Sind nicht unschuldig an der Krise, "sie haben die Gier, sechs Prozent oder mehr Zinsen zu bekommen." Er selbst ist stolz darauf, "kein einziges Zertifikat" in seinem Depot zu haben. Das waren die Papiere, die auch die Deutsche Bank ihren Kunden massenhaft verkauft hatte.

Es ist, wie es immer war: Kopper zieht Wut und Ärger auf sich, gleichzeitig respektiert man ihn, weil er seine Sache vertritt, ohne um den heißen Brei herumzureden. Als Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen im Mai 2009 jemanden suchte, der bei der Skandalbank HSH Nordbank aufräumt, kam er schnell auf Kopper.

Der entließ seitdem zwei Vorstände, paukte ein neues Bonussystem durch und verteidigte eine Sonderzahlung von 2,9 Millionen Euro an Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher gegen die Angriffe der Opposition. "Dass die Bank die Krise überhaupt überstanden hat, verdankt sie maßgeblich Herrn Nonnenmacher", sagt er. Und wenn jemand dessen Ablösung fordere, dann solle er selbst die Verantwortung tragen und sagen, wie er es besser machen würde. "Mit mir jedenfalls dann nicht mehr." Klartext eben.

© SZ vom 12.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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