Hertie:Einfach verzockt

Schuld an der Misere von Hertie hat vor allem der Eigentümer: Er bürdete dem Unternehmen eine so hohe Mietbelastung auf, dass das Management kaum handlungsfähig war.

Stefan Weber

Investoren, die sich im Warenhausgeschäft engagieren wollen, wird es angesichts des großen Angebots allmählich schwindelig: Der Metro-Konzern möchte Kaufhof loswerden, Arcandor sucht einen Partner für seine Karstadt-Häuser, und jetzt ist auch noch Hertie im Angebot.

Hertie, Schiesser & Co.
:Abschied von alten Bekannten

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Doch während Kaufhof zumindest die Kapitalkosten erwirtschaftet und Karstadt nach schwierigen Zeiten allmählich Tritt fasst, ist Hertie ein Insolvenzfall. Schuld daran trägt vor allem der Haupteigentümer, die Finanzfirma Dawnay Day.

Die Briten haben sich verzockt: Sie spalteten das Unternehmen in eine Handels- und Immobiliengesellschaft und bürdeten ihm eine so hohe Mietbelastung auf, dass das Management kaum handlungsfähig war.

Gute Rendite für kurze Zeit

Es war zu wenig Geld da, um die unattraktiven Verkaufsräume zu modernisieren. Dafür konnten sich die Investoren für kurze Zeit über eine gute Rendite freuen.

Aber auch die Geschäftsführung hat die Misere mitverschuldet. Die Abnabelung vom früheren Eigentümer Karstadt zog sich mehr als zwei Jahre hin. In der Personalpolitik gab es keine Kontinuität - mit der Folge, dass immer wieder Kurswechsel vollzogen wurden.

Das verwirrte Kunden und irritierte Lieferanten, von denen manche aus Sorge um ihr Geld vom ersten Tag an nur gegen Bankgarantie lieferten.

Wenn es überhaupt eine Chance für Hertie gibt, dann nur in abgespeckter Form. Wieder werden Filialen auf der Strecke bleiben und Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren.

Das ist besonders bitter, weil die Beschäftigten bereits auf viel Geld verzichtet haben. Bis vor kurzem arbeiteten sie noch zu Bedingungen des vom ehemaligen Eigentümer Karstadt vereinbarten Sanierungstarifvertrags.

© SZ vom 01.08.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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