Handelskrieg:Twitter erwägt Fusion mit Tiktok

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Auch der Kurznachrichtendienst interessiert sich offenbar für die Erfolgsapp aus China, die vor allem Jugendliche anspricht. Die Frage ist allerdings, ob Twitter die nötigen Milliarden dafür auftreiben kann.

Der Kurznachrichtendienst Twitter hat Insidern zufolge Interesse an einer Übernahme des US-Geschäfts der Video-Plattform Tiktok, der unter starkem politischen Druck aus den USA steht. Twitter habe den chinesischen Tiktok-Eigentümer Bytedance kontaktiert, sagten zwei mit der Situation vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Es sei aber bei Weitem nicht sicher, dass Twitter den Software-Riesen Microsoft ausstechen könne, der als Favorit für den Zuschlag bei Tiktok gilt. Bytedance bleiben rund 45 Tage, um einen Käufer zu finden. Ansonsten droht ein Geschäftsverbot in den USA.

Zuerst hatte das Wall Street Journal am Sonntag über Fusionsgespräche berichtet. Es seien vorläufige Verhandlungen über ein mögliches Zusammengehen gewesen, so die Zeitung. Tiktok, Bytedance und Twitter äußerten sich nicht zu den Informationen. Aktuell ist jedoch nicht einmal klar, wie das US-Geschäft von Tiktok zu bewerten ist. Schätzungen taxieren es auf einen Wert in zweistelliger Milliardenhöhe. Für den Zukauf müsste Twitter zusätzliches Kapital auftreiben. Das Unternehmen hat erst in den vergangenen Jahren begonnen, kontinuierlich Gewinne zu erwirtschaften. "Twitter wird es nicht leicht haben, die Finanzierung zur Übernahme der US-Aktivitäten von Tiktok zu stemmen", sagte Erik Gordon von der Universität Michigan. Der Konzern aus dem Silicon Valley habe nicht genug Möglichkeiten, an Geld zu kommen.

Einer der Insider sagte Reuters, eine Übernahme durch Twitter könnte China besser gefallen. Der Kurznachrichtendienst ist nicht aktiv in der Volksrepublik. Darüber hinaus hätte eine Übernahme durch Twitter auch kartellrechtliche Vorteile, sagen Experten, da es viel kleiner ist als Microsoft. Twitter hat einen Börsenwert von knapp 30 Milliarden Dollar, ein Bruchteil der Microsoft-Bewertung. US-Präsident Donald Trump favorisiert dagegen einen Kauf durch Microsoft. Der Software-Riese verhandelt seit Wochen mit Bytedance. Microsoft-CEO Satya Nadella hat zur Sache bereits mit Trump gesprochen. Die Verhandlungen zwischen Microsoft und Bytedance gelten als weit fortgeschritten.

Der US-Präsident hat Tiktok wegen Sicherheitsbedenken im Visier. Per Dekret kündigte er an, er werde US-Firmen verbieten, mit den zwei größten IT-Konzernen Chinas Geschäfte zu machen. Betroffen sind Tiktok-Eigner Bytedance sowie Wechat-Betreiber Tencent. Trump und andere US-Politiker sehen Tiktok als Spionageinstrument Chinas. Es läuft eine Frist bis zum 15. September, um die US-Aktivitäten an Microsoft zu verkaufen. Gelingt der Deal nicht, droht ein Verbot.

© SZ vom 10.08.2020 / Reuters/SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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