Handel:WTO warnt vor Fragmentierung des Welthandels

Die Chefin der Handelsorganisation, Ngozi Okonjo-Iweala, hält es für gefährlich, wenn Industriestaaten ihre Produktion aus den Schwellenländern zurückverlagern.

Die Welthandelsorganisation WTO warnt vor einer Zersplitterung im globalen Warenaustausch. "Wir sehen zwar noch keine großflächige Fragmentierung, aber es gibt erste Anzeichen", sagte WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala bei einer Veranstaltung in Genf. Sie nannte diesen Trend gefährlich. Auch könnte er sich am Ende als "sehr kostspielig" herausstellen. "Lasst uns die Globalisierung neu denken", sagte die Nigerianerin.

Die WTO-Chefin spielte mit ihren Äußerungen auf Trends wie das sogenannte Friendshoring an. Damit ist gemeint, wenn Unternehmensprozesse in Länder verlagert werden, in denen ähnliche Werte geteilt werden. Eine Reihe westlicher Konzerne etwa sucht nach Alternativen zum Produktionsstandort China. In den Chefetagen herrscht Sorge, dass bei einem Überfall der Volksrepublik auf Taiwan ähnliche Sanktionen des Westens folgen könnten wie gegen Russland nach Beginn des Angriffs auf die Ukraine.

Auch das Reshoring sprach die WTO-Chefin an. So wird die Rückverlagerung von Produktionsstätten aus Schwellenländern zurück in die Industriestaaten bezeichnet. "Lasst uns das nicht tun", sagte Okonjo-Iweala zu diesen beiden Trends. Eine starke Fragmentierung der Weltwirtschaft könnte die globale Wirtschaftsleistung um bis zu sieben Prozent verringern, warnte etwa der Internationale Währungsfonds (IWF). Die Globalisierung, die lange Zeit ein wichtiger Katalysator für die Entwicklung vieler Schwellenländer war, könnte aus Sicht der Deutschen Bundesbank erheblich an Kraft verlieren. Ungleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem chinesischen Inlandsmarkt seien zugleich ein wichtiger Grund, warum sich seit einiger Zeit viele ausländische Firmen ein Stück weit aus dem Land zurückzögen. Andere Schwellenländer stießen inzwischen in diese Lücke, etwa Indien, das eine Demokratie ist.

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