Handel:Ins Netz gegangen

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Etwa 30 Kilogramm Klamotten kaufen Frauen im Schnitt im Jahr. Noch überwiegend stationär. Doch der Onlinehandel wächst.

Von Christoph Dorner

Die Mitarbeiterzeitung von Otto kündet im Oktober 1995 ein Experiment an. Seit einem Monat sei der Versandhändler nun auch im "weltweit größten Computernetz" präsent, obwohl die meisten Kunden damals keinen Internetanschluss haben. 20 Jahre später weist die Hamburger Otto Group, mit 4,23 Milliarden Euro Umsatz Deutschlands größter Textileinzelhändler, auf dem Cover seines 1000 Seiten dicken Hauptkatalogs stolz auf das Jubiläum hin. 3,5 Millionen Exemplare des Wälzers werden heute noch gedruckt, obwohl Otto nur noch etwa sieben Prozent seines Umsatzes direkt über den Hauptkatalog erwirtschaftet. Im Netz ist Otto seit Jahren der größte deutsche Modehändler.

Das Ranking der größten Textileinzelhändler für das Jahr 2014 verdeutlicht aber auch: Die Deutschen schlendern immer noch gerne und massenhaft durch Fußgängerzonen, um Kleidung in Warenhäusern wie Kaufhof und Karstadt oder in den Filialen von Modeketten zu kaufen. Einige Unternehmen wie H&M und Zara, die Produktion, Beschaffung und Vertrieb ihrer Kleidung kontrollieren, sind in den vergangenen Jahren gewachsen, andere Marken wie C&A und Esprit verloren dagegen an Umsatz. Im Billigsegment, in dem neben Tchibo, Kik und Takko seit Jahren auch die Discounter Aldi und Lidl kräftig mitmischen, geht der Preiskampf unvermindert weiter.

Durchschnittlich 30 Kilogramm Kleidung kauft eine Frau pro Jahr, knapp ein Drittel davon wird nie getragen. Der "Fast Fashion"-Konsum verlangt aber nicht nur nach billigen Preisen, sondern auch nach deutlich mehr Kollektionen pro Saison. Mit diesem Konzept hat Primark seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 27,8 Prozent gesteigert und liegt damit in der Rangliste der größten Textilhändler schon auf Platz 15. Auch im Fall von Zalando ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis das Berliner Start-up unter den ganz Großen der Branche auftaucht. Es legt stetig an Umsatz zu. Bis 2017 dürfte der Onlinehandel in der Textilwirtschaft um 50 Prozent zunehmen, schätzen Analysten. Deshalb kommen längst auch kleinere Mode-Marken und Lieferanten nicht mehr ohne eigenen Onlineshop aus.

Leidtragende dieser Entwicklung sind die mittelständischen Modehändler. So hat sich die Zahl der Unternehmen im Bekleidungseinzelhandel seit 1996 mehr als halbiert.

© SZ vom 16.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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