Großstädte:Kein Abfluss für den Regen

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Die starke Versiegelung vieler Orte wird immer mehr zum Problem.

Wer am Englischen Garten in München wohnt, kann sich freuen. Er oder sie wohnt mehr oder weniger im Grünen - anders als die meisten Bewohner dieser Stadt. Denn Bayerns Metropole ist die am stärksten versiegelte Stadt Deutschlands, hat das Institut VdS Schadenverhütung jetzt festgestellt, eine Tochter des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Etwa 47 Prozent des Münchner Stadtgebiets sind bebaut, betoniert oder asphaltiert. Das Institut untersuchte die 50 einwohnerstärksten Kommunen in Deutschland.

Hinter München liegen Oberhausen und Hannover mit einem mittleren Versiegelungsgrad von 44 und 43 Prozent. Die am geringsten verbaute Großstadt in Deutschland ist demnach Potsdam mit 13 Prozent versiegelter Fläche. Auch Freiburg, Hamm, Münster, Saarbrücken, Heidelberg, Hagen oder Erfurt liegen mit Werten von jeweils unter 20 Prozent im unteren Bereich.

Angesichts der zunehmenden Gefahr extremer Niederschläge spielt die Bebauungsdichte eine immer wichtigere Rolle, heißt es bei den Versicherern. Je mehr Fläche bebaut sei, desto weniger Wasser könne im Boden versickern und desto mehr fließe oberflächlich ab, warnt VdS-Studienleiter Artur Kubik. Nach Starkregen komme es dann zu lokalen Überflutungen und Stauwasser, zum Teil mit hohen Sachschäden. Nach Ansicht des GDV sollten Kommunen die Gefahr extremer Regengüsse in ihrer Stadt- und Landschaftsplanung mit berücksichtigen. "Es gibt Konzepte wie das der Schwammstadt, die Städtebau und Starkregenschutz miteinander in Einklang bringen", erläutert GDV-Geschäftsführer Bernhard Gause. Dazu gehörten etwa begrünte Dächer oder zusätzliche Rückhaltebecken, die das Wasser zwischenspeicherten. Zudem könnten Spiel- oder Fußballplätze temporär als Überflutungsflächen dienen. "Dafür bräuchte man auch Straßen mit einem v-förmigen Querschnitt, um sie als Abflussrinnen nutzen zu können", so Gause.

Inwieweit die Städte bereits Vorkehrungen getroffen haben, geht aus der Studie nicht hervor. Immer mehr Kommunen erstellen dem VdS zufolge aber Karten, die zeigten, welche Stadtgebiete bei Starkregen überflutet würden. Hausbesitzer könnten damit die Gefahren besser einschätzen und Vorsorge treffen. "Viele Stadtbewohner glauben, Überflutungen betreffen sie nicht. Das ist ein Irrglaube", sagt Gause.

Aber die dichte Bebauung bringt noch mehr Nachteile; die Luftzirkulation funktioniert nicht mehr richtig, die Hitze staut sich, der Feinstaub ebenfalls. Und wo mehr gebaut wird und die Menschen näher zusammenrücken, könnte die Lebensqualität weiter sinken. Staus, Dreck und Lärm machen den Stadtbewohnern aber schon genug zu schaffen, auch oder gerade im zubetonierten München.

© SZ vom 30.11.2018 / kö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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