Griechenland: Kreditaufnahme:Beruhigt - und besorgt

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Griechenland wagt sich an den Kapitalmarkt - und wieder ist die Nachfrage groß. Doch die Begeisterung der Anleger ist dahin.

S. Boehringer u. H. Einecke

Griechenland hat sich am Montag das erste Mal seit Verabschiedung des Rettungspakets erfolgreich am Kapitalmarkt verschuldet. Das klamme EU-Land fand genügend Käufer für Anleihen über fünf Milliarden Euro. Die Nachfrage lag allerdings nur knapp über dem Angebot.

Um elf Uhr am Montag fiel der Startschuss: Die Griechen wagten sich mit einer neuen Staatsanleihe an den Markt. Ein internationales Konsortium von fünf Banken hatte die klamme Regierung beauftragt, siebenjährige Schuldtitel wenigstens fünf Milliarden Euro zu verkaufen. Bis Ende Mai müssen die Hellenen etwa 20 Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufnehmen, um auslaufende Anleihen umzuschulden und ihr Haushaltsdefizit zu decken.

Wenige Stunden nach Öffnung der Orderbücher stand fest: Die Griechen haben es geschafft. Mehr als 170 Banken hatten Gebote über insgesamt sieben Milliarden Euro eingereicht. Damit war die Anleihe zwar nur um das 1,4-fache überzeichnet - dennoch atmeten die meisten Händler auf. Die genauen Konditionen der Anleihe standen bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Üblicherweise sind Staatsanleihen jedoch um das zwei- bis dreifache überzeichnet.

Zeitpunkt günstig für Schuldenaufnahme

Nach dem vergangene Woche von den EU-Regierungschefs in Brüssel geschmiedeten Rettungsplan für das Land sei der Zeitpunkt nun günstig gewesen für die Aufnahme von Schulden, urteilten Marktbeobachter. Noch wichtiger sei die Ankündigung der Europäischen Zentralbank gewesen, die mit BBB+ sehr niedrig bewerteten Anleihen Griechenlands über das Jahresende hinaus als Sicherheiten zu akzeptieren, sagt Michael Leister, Zinsstratege der WestLB.

Binnen einer Woche hatten sich die Zinskonditionen für Griechenland um bis zu 0,3 Prozentpunkte verbilligt. Im Zuge der schleppenden Platzierung verteuerten sich die Bonds allerdings wieder. Griechenland muss Anlegern im Durchschnitt gut drei Prozentpunkte mehr Zinsen bieten als Deutschland.

Mit einer Rendite von 3,13 Prozent ist die zehnjährige Bundesanleihe der Maßstab für andere Schuldner der Eurozone. Bis Ende Mai werden die Griechen voraussichtlich noch zwei Mal mit neuen Papieren an den Markt kommen müssen, um sich zu refinanzieren. Sollte das wider Erwarten nicht gelingen, stünden die EU und der Internationale Währungsfonds mit Überbrückungskrediten bereit.

Griechen brauchen 50 Milliarden

Das griechische Finanzministerium selbst hatte seinen Kreditbedarf für das laufende Jahr auf etwa 50 Milliarden Euro beziffert. In den vier folgenden Jahren laufen allerdings Schuldtitel über jeweils mehr als 25 Milliarden Euro aus, weshalb trotz der jüngst von der griechischen Regierung beschlossenen Sparmaßnahmen weiter mit einem hohen Kapitalbedarf des Landes zu rechnen ist.

Die Schuldenmanager anderer europäischer Länder verfolgten die Anleihenplatzierung am Montag ebenfalls genau. Denn mit Spanien, Italien und Portugal stehen weitere Länder ohne Kreditbestnote schon in der Schlange, um ihrerseits neue Schuldtitel ausgeben zu können. "Die Schlagzahl ist im Zuge der Wirtschaftskrise deutlich gestiegen", sagt David Schnautz, Anleihenexperte der Commerzbank. Deutschland habe deshalb seine Ausgabestrategie bereits geändert: "Der Bund emittiert jetzt kleinere Beträge, aber dafür öfters", erklärt Schnautz.

Vor allem für das ebenso wie Griechenland jüngst von einer Agentur in der Bonität herabgestufte Portugal werde sich die Entwicklung der griechischen Papiere auf die Konditionen für die eigene Verschuldung auswirken, meint Elmar Völker, Anleihenstratege der Landesbank Baden-Württemberg.

Briten riskieren AAA-Rating

Zusätzlich dränge von Dienstag an mit Italien noch der derzeit größte Anleihen-Emittent der Eurozone auf den Markt. Rund zehn Milliarden Euro wollen die Italiener demnach noch diese Woche aufnehmen. Der andere Großschuldner innerhalb der EU ohne AAA-Rating, Spanien, plant neue Anleihen für die Woche nach Ostern.

Zu den größten Schuldnern in Europa gehört auch Großbritannien. Die Rating-Agentur Standard & Poor's erwartet, dass die Briten in diesem Jahr Schuldtitel über knapp 220 Milliarden Euro begeben werden, damit wären sie nach Italien (etwa 260 Milliarden Euro) die Nummer zwei.

Für Deutschland erwartet S&P rund 200 Milliarden Euro. Im Unterschied zu anderen Staaten müssen die Briten den weitaus größten Teil ihrer Kapitalaufnahme zur Finanzierung des laufenden Staatshaushalts verwenden. Wegen ihres hohen Defizits hat die Agentur S&P bekräftigt, das Land laufe Gefahr, sein AAA-Rating zu verlieren: Je schlechter die Kreditnote, desto teurer die Verschuldung.

© SZ vom 30.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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