Grauer Kapitalmarkt:Große Risiken für Anleger

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Die Regierung weiß wenig über Betrugsfälle am grauen Kapitalmarkt. Nach der P&R-Pleite sollen die Kontrollen nun verschärft werden. Dies habe die Aufsicht bisher versäumt, sagt die FDP.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Erst vor wenigen Wochen hatte die Bundesregierung angekündigt, den Anlegerschutz auf dem grauen Kapitalmarkt zu verbessern. Hinter diesem Schlagwort verbergen sich im Kern riskante Unternehmensbeteiligungen. Anleger profitieren in Form von Ausschüttungen vom wirtschaftlichen Erfolg der Firma. Doch anders als bei Aktieninvestments in börsennotierte Konzerne, hat der graue Kapitalmarkt meist wenig regulierte Finanzprodukte im Angebot. Dazu gehören etwa Genussscheine und Nachrangdarlehen, in die Anleger investieren und mit ihrem Geld die Unternehmen finanzieren.

Wie gefährlich diese Art der Geldanlage sein kann, zeigt der Betrugsfall um die Containerfirma P&R, in die 54 000 Menschen rund 2,5 Milliarden Euro investiert haben. Die Finanzierungsfirma musste einen Insolvenzantrag stellen, inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Betrugs.

Dieser jüngste Fall motivierte die Bundesregierung denn auch, ein neues Gesetzespaket auf den Weg zu bringen, um die Kontrolle dieser oft obskuren Finanzprodukte zu verschärfen. Die Finanzaufsichtsbehörde Bafin soll demnach diese Vermögensanlagen beschränken oder ganz verbieten dürfen, sobald sie erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz aufwerfen. Ab 2021 soll die oberste Finanzaufsicht auch die etwa 38 000 freien Finanzvermittler in Deutschland kontrollieren. Nur diese beaufsichtigten Vermittler sollen Vermögensanlagen verkaufen dürfen.

Wie wenig die Bundesregierung über den grauen Kapitalmarkt weiß, und welche Defizite es bei dessen Kontrolle gibt, zeigt das Ergebnis einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. In ihren Antworten gesteht die Bundesregierung ein, es lägen ihr keine Daten dazu vor, "wie viele Personen insgesamt in den grauen Kapitalmarkt investiert haben beziehungsweise wie hoch das tatsächliche Anlagevolumen derzeit ist." Zudem wisse man nicht, wie viele Straftaten oder entstandene Schadenssummen es in diesem Bereich gebe. Anbieter von Direktinvestments oder sonstiger Vermögensanlagen unterlägen auch keiner laufenden Aufsicht durch die Bafin. "Insofern ist es der Bafin auch nicht möglich, systematisch zu verifizieren, ob Vermögenswerte vorhanden sind", heißt es in der Antwort. Zudem fehle der Aufsicht die gesetzliche Befugnis für Sonderprüfungen bei Anbietern auf dem grauen Kapitalmarkt.

"Erst jetzt legt die Regierung Eckpunkte für eine Reform des Anlegerschutzes vor, die dann auch ein Verbot von Blindpool-Konstruktionen bei Vermögensanlagen vorsehen. Dabei hätte die Bafin längst ihren Blick auf diese undurchsichtigen Konstruktionen legen müssen", sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler.

Die Bafin ist zwar dafür zuständig, die Prospekte für Vermögensanlagen zu genehmigen. Da geht es aber nicht um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, sondern um die Prüfung der Vollständigkeit der Finanzinformationen. Doch viele Anbieter schlampen bei der Einreichung, was selten geahndet wird. Der Bafin lägen auch keine Anhaltspunkte vor, wann für welche Prospekte jeweils Nachträge "notwendig" waren, jedoch nicht erfolgt sind.

"Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Bafin trotz Hinweisen auf Probleme oft viel zu lange wartet, bis sie tätig wird", kritisiert Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende. In vielen Fällen komme es dann zu immensen Schäden bei den Anlegern. "Solange die Umsetzung der bestehenden gesetzlichen Normen so schwach ist, bringt auch die geplante Ausweitung der Aufsichtskompetenzen nicht viel", sagt Schick.

© SZ vom 30.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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