Google:Attacke auf Apple und Amazon

Lesezeit: 3 min

Google-Manager Matt Vokoun hat am Mittwoch in San Francisco auch das Pixelbook präsentiert: Eine Mischung aus Laptop und Tablet. (Foto: Jeff Chiu/AP)

Mit seinen neuen Geräten will sich der Internet-Konzern Google ein Standbein abseits der Werbung schaffen und die Integration mit seinen Diensten vorantreiben.

Von Helmut Martin-Jung, München

Google? Na klar: Internetsuche, Werbung, Mail, Maps - alles Software. Alles? Das stimmt längst nicht mehr. Dem Konzern ist es auch zunehmend ernst mit Hardware. Wie ernst, zeigt der kürzlich geschlossene Deal mit dem Smartphone-Hersteller HTC aus Taiwan. Von diesem hat Google etwa 2000 Ingenieure übernommen. Die Kalifornier holen sich damit viel Kompetenz ins Haus und stützen zudem den kriselnden Hersteller, der Google dann auch bei der Fertigung helfen kann. Und an diesem Mittwoch hat Google noch einmal nachgelegt. Vorgestellt wurden zwei neue Smartphones der Pixel-Reihe und zwei neue Versionen des sprachgesteuerten Lautsprechers Home. Gezeigt wurden zudem ein neues, besonders schmales, aber leistungsfähiges Chromebook - ein Laptop mit Googles Web-Betriebssystem Chrome also - und weitere Produkte.

"Wir haben erst angefangen, das wird wirken wie ein Turbo."

Das Unternehmen investiert seit gut einem Jahr massiv in die Entwicklung von Geräten. Da sind natürlich die Pixel-Smartphones, Google Home - ein Konkurrenzprodukt zu Amazons sprachgesteuerten Echo-Lautsprechern. Auch im Programm: Ein Router, der dafür sorgen soll, dass die Versorgung mit Wlan zu Hause besser wird und das System leichter einzurichten ist. Besonders von der Übernahme der Smartphone-Experten aus Taiwan erhofft sich Google viel. "Wir haben ja erst angefangen", sagt Google-Projektmanager Matt Kulick, "das wird wirken wie ein Turbo".

Aber warum riskiert es Google, die Abnehmer seines Smartphone-Betriebssystems Android zu verärgern? Für diese Hersteller entsteht in dem ohnehin umkämpften Markt ja nicht nur irgendein weiterer Konkurrent. Da Google ja nun Hard- und Software kontrolliert, kann es beides viel besser aufeinander abstimmen. Andere Hersteller, zumindest die bedeutenden unter ihnen, sind zwar auch in die Android-Entwicklung eingebunden, aber doch von Google abhängig und nicht so nah dran.

Android ist das weltweit beherrschende System für Smartphones; alle Versuche, neben Android und Apples iOS ein weiteres System für Smartphones zu schaffen, sind gescheitert. Samsung versuchte es eher zögerlich mit Bada, Microsoft versenkte gar Milliarden mit den Mobilversionen von Windows. Das Hauptproblem sind dabei die Apps. Denn damit die Programmierer sich die Last aufbürden, außer für iOS und Android auch noch für ein drittes System zu programmieren, müssten sie wenigstens eine Aussicht darauf haben, dass ihnen das auch etwas einbringt. Das konnte aber nicht einmal das sehr finanzkräftige Microsoft auf Dauer durchhalten.

Google versucht mit der Initiative, zwei Probleme anzugehen: Zum einen hechelt das Unternehmen bisher Apple hinterher, wenn es um die Geräte selbst geht. Andererseits will sich die Firma auch ein zweites Standbein schaffen - bisher hängt Alphabet, Googles Mutterkonzern, zu etwa 80 Prozent von Werbeeinnahmen ab.

Bei der Konkurrenz mit Apple geht es weniger darum, bei den Leistungsmerkmalen mitzuhalten oder Apple sogar zu übertrumpfen. Da die Technik schon sehr weit fortgeschritten ist, fallen solche Unterschiede weitaus weniger ins Gewicht, als noch vor einigen Jahren. Immer wichtiger wird dagegen, wie gut Hard- und Software zusammenarbeiten. Besonders wichtig ist dies bei der Integration von künstlicher Intelligenz. Alle großen Technikkonzerne arbeiten daran. Damit aber die Systeme auch angenommen werden von den Nutzern, müssen sie auf Geräten wie dem Smartphone kinderleicht zu benutzen sein. Das ist der Hauptgrund, warum Google in Hardware investiert. Die neuen Handys, die Google vorgestellt hat, zielen eindeutig aufs hochpreisige Segment. Das Pixel 2 und die größere Version, das Pixel 2 XL, sind von den Leistungsmerkmalen her weitgehend identisch. Das gilt besonders für die Kamera, auf die der Konzern besonderen Wert gelegt hat. Obwohl nur ein Objektiv verbaut ist, können die Geräte etwa bei Porträts den Hintergrund verschwimmen lassen. Um Vorder- und Hintergrund sauber zu trennen, kommt auch künstliche Intelligenz zum Einsatz. Künstliche Intelligenz in Form des Google Assistant spielt überhaupt eine wichtige Rolle bei dem Smartphone. Die Version mit 64 GB Speicher kostet 799 Euro, mit 128 GB 909 Euro. Die XL kostet 939 Euro (64 GB) respektive 1049 Euro (128 GB). Verkaufsstart für die große Version ist Mitte November, die kleine gibt es ab 19. Oktober. Beim sprachgesteuerten Lautsprecher Home kostet die kleine Version 49 Dollar, die große 399 Dollar. Neu zudem: Ein Laptop mit Googles Betriebssystem Chrome, der sich zum Tablet zusammenklappen lässt und nur einen Zentimeter dick ist. Als Zubehör wird auch ein Stift angeboten. Und schließlich präsentierte Google noch eine ansteckbare drahtlose Kamera namens Clip.

© SZ vom 05.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: