Glücksspiel:Versteckspiel auf Malta

Malta - St. Julians

Auf Malta wird viel gezockt: Im Dragonara Palace in St. Julians ganz offen, kaum zwei Kilometer weiter in Gżira deutlich diskreter - und in viel größerem Maßstab: Dort sind zahlreiche Online-Glücksspielanbieter gemeldet.

(Foto: Thomas Schulze/picture alliance/dpa)
  • Online-Casinos sind in Deutschland eigentlich illegal. Doch über Firmen auf Malta gibt es trotzdem zahlreiche Angebote, die auch in Deutschland genutzt werden.
  • Die Behörden setzen Vorgaben nicht um, die Kontrollen auf Malta sind lax.
  • So ist in den vergangenen Jahren ein unregulierter Milliardenmarkt entstanden, an dem auch deutsche Unternehmen mitverdienen möchten - wie Löwen Play aus Bingen.

Von Vinzenz Neumaier, Jonas Schneider und Eirik Sedlmair

Das älteste Kasino Maltas thront über der Bucht vor St. Julians, der Partyhochburg der Insel. In der ehemaligen Sommerresidenz Dragonara, wo einst italienische Adlige urlaubten, spielen heute Touristen in kurzen Hosen an blinkenden Automaten. Das Kasino lockt sie mit dem Blick auf die Küste und mit möglichen Gewinnen beim Roulette. Unten in der Stadt trinken Urlauber um die Wette.

Keine zwei Kilometer entfernt beginnt die Betonwüste von St. Julians Nachbarstadt Gżira. Dort boomt das Glücksspiel hinter heruntergelassen Jalousien. Wer hier spielt, sitzt meist in anderen Ländern, zahlreiche Online-Glücksspielanbieter sind in Gżira gemeldet. Von überall in Europa aus können Spieler so auf Malta ihr Geld loswerden, ohne auf die Insel zu reisen. In Deutschland sind Online-Kasinos grundsätzlich illegal, so sieht es der Gesetzgeber vor, so ist es höchstrichterlich bestätigt. Die Anbieter auf Malta kümmert das wenig, zumal die deutschen Behörden das Verbot nicht durchsetzen. So ist in den vergangenen Jahren ein unregulierter Milliardenmarkt entstanden, an dem auch deutsche Glücksspielunternehmen nur zu gerne mitverdienen möchten.

Unternehmen wie Löwen Play aus Bingen. Mit mehr als 400 Spielhallen verteilt im Land und über 300 Millionen Euro Umsatz pro Jahr zählt Löwen Play zu den größten Anbietern in der deutschen Glücksspielbranche. Löwen Play steht damit für das vom Staat gestattete gewerbliche Automatenspiel. Auf Malta hingegen mischt Löwen Play nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung offenbar auch im Spiel um das schnelle Geld im Internet mit - allerdings gut versteckt.

Teil dieser Geschichte sind auch ein Mannheimer Geschäftsmann mit Erfahrung in der Offshore-Welt und ein Online-Kasino namens Lapalingo mit Sitz in Gżira. Die Nutzer von Lapalingo loben die schnellen Auszahlungen und die große Auswahl an Spielen, einer schreibt auf Lapalingos Facebook-Seite: "Ich könnte Tag und Nacht zocken." Genau darin liegt eine Gefahr: Online-Kasinos sind durchgehend geöffnet, kaum ein Anbieter interessiert sich für den Spielerschutz, binnen kurzer Zeit lassen sich mehrere Tausend Euro verspielen. Die Regulierungsbehörde Malta Gaming Authority überwacht diese Angebote zwar, allerdings unzureichend.

Lapalingo wirbt bei seinen Kunden mit "Qualität Made in Germany". Denn einige Spiele werden in Deutschland programmiert, es sind Spiele der Lionline Entertainment, einem Unternehmen von Löwen Play. Von dort heißt es auf Anfrage, man beteilige sich nicht an illegalem Online-Glücksspiel und halte sich an geltendes Recht. Löwen Play teilt zudem mit, man verkaufe Spiele lediglich an Softwarelieferanten. Diese seien vertraglich angehalten, geltendes Recht zu achten. "Kasinos, die aus dem Ausland für den deutschen Markt anbieten, verstoßen klar gegen den Glücksspielstaatsvertrag", sagt Jan-Philipp Rock, Richter am Landgericht Hamburg und Vorstandsmitglied des Fachverbands Glücksspielsucht. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte jüngst das deutsche Verbot, es sei mit dem Europarecht vereinbar. "Wenn ich auf den deutschen Markt zugeschnittene Spiele ins Ausland liefere, dann muss ich damit rechnen, dass sie wieder auf dem deutschen Markt angeboten werden", so Rock.

Löwen Play streitet ab, geschäftliche Beziehungen zu Lapalingo zu unterhalten. Eine Mail aus dem Jahr 2016 lässt einen anderen Schluss zu. Der Ombudsmann eines Online-Glücksspielforums wollte von Lapalingo wissen, wer der Betreiber des Casinos sei. In der Vergangenheit hätten sich mehrere Spieler bei ihm über Probleme mit der Auszahlung beschwert. Die Antwort des Lapalingo-Managements legt nahe, dass Löwen Plays Tochterfirma Lionline offenbar mehr ist als ein reiner Software-Lieferant: In der Mail heißt es, Lionline arbeite mit einem maltesischen Geschäftspartner zusammen, um Online-Kasinos anzubieten. Einer der Klienten sei das Online-Kasino Lapalingo. Die Muttergesellschaft Löwen Play weist diese Aussage nun zurück.

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