Gleichberechtigung:In Trippelschrittchen

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Der Anteil von Frauen in Führungspositionen steigt - aber nur sehr langsam. Bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung sieht es nicht viel besser aus. Das könnte jenen Auftrieb geben, die auch für Vorstandsposten verpflichtende Quoten fordern.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Man muss sie gründlich suchen, die Frauen, die es hierzulande bis ganz an der Spitze eines größeren Unternehmens geschafft haben. Die Niederländerin Manon van Beek ist eine von ihnen, seit 2018 Vorstandsvorsitzende des Stromnetzbetreibers Tennet. Oder Sidonie Golombowski-Daffner, die seit 2017 das Pharmaunternehmen Novartis Deutschland führt. Unter den 30 Dax-Konzernen allerdings findet sich keine einzige Vorstandsvorsitzende. Das zeigt das aktuelle Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), das an diesem Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

Deutlich wird anhand der Daten für 2018, dass die Frauenquote für die Aufsichtsräte wirkt - aber nur dort, wo sie gilt. Einfluss auf die Vorstände hat es nämlich bislang nicht, dass in den Kontrollgremien inzwischen mehr Frauen sitzen. Und auch in den Aufsichtsräten selbst steigt der Frauenanteil nicht mehr sonderlich stark, wenn die Quote erst einmal erfüllt ist.

Seit 2016 müssen börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen, in denen also Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen in den Kontrollgremien vertreten sind, auf mindestens 30 Prozent Frauen in ihren Aufsichtsräten kommen. Dass das gelungen ist, zeigt sich an den insgesamt 104 Unternehmen, die Ende 2018 unter diese Regelung fielen. Dort lag der Frauenanteil in den Aufsichtsräten am Jahresende bei knapp 33 Prozent, etwa drei Prozent höher als im Vorjahr.

Die Dax-30-Konzerne kamen ebenfalls auf einen Frauenanteil von einem Drittel. Allerdings hatten sie diesen Anteil schon im Vorjahr erreicht. "Viele Unternehmen sind auf einem guten Weg, wenn es um mehr Frauen in Aufsichtsräten geht. Andererseits tun die meisten nicht mehr als nötig", sagte Elke Holst, DIW-Direktorin für Geschlechterforschung.

In den 100 umsatzstärksten deutschen Unternehmen (ohne den Finanzsektor) ist der Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten um gut drei Prozent auf 28,4 Prozent gestiegen; in den 200 größten Unternehmen waren es knapp 27 Prozent und ein Plus von 2,3 Prozent.

Die Hoffnung aber, dass mehr Frauen in den Aufsichtsräten dazu führen werden, dass Frauen auch der Aufstieg in die Vorstände leichter fällt, hat sich nicht erfüllt. Anders als in Norwegen oder Australien, wo es den beiden DIW-Forscherinnen Holst und Katharina Wrohlich zufolge durchaus Hinweise auf einen solchen "Spillover"-Effekt gebe, lässt sich das in Deutschland nicht erkennen. Zumindest kurzfristig sei nicht davon auszugehen, "dass ein höherer Frauenanteil in Aufsichtsräten automatisch zu einem höheren Frauenanteil auch in Vorständen führt", heißt es in der Studie.

Die Politik geht nur bedingt mit gutem Beispiel voran

In den Vorständen der Firmen, die unter die Aufsichtsratsquote fallen, saßen auch im vergangenen Jahr nur 8,5 Prozent Frauen, gerade einmal 0,6 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Insgesamt gibt es nur in jedem dritten dieser Unternehmen überhaupt eine Frau im Vorstand - und den Vorsitz hat nur in zwei Firmen eine Frau inne.

Etwas besser sieht es in der Gruppe der größten 100 Unternehmen in Deutschland aus; in diesen hat der Frauenanteil in den Vorständen erstmals die Zehn-Prozent-Marke erreicht. Allerdings sind auch dort fast 60 Prozent der Vorstände frauenfreie Zonen.

Diese Zahlen könnten jenen Auftrieb geben, die auch für die Vorstände eine feste Frauenquote fordern. Aktuell haben Unternehmen, die börsennotiert oder mitbestimmungspflichtig sind, nur die Pflicht, sich eine feste Zielgröße in Sachen Frauen im Vorstand zu setzen. Am Mittwoch sagte ein Sprecher von Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD), 70 Prozent dieser Firmen hätten sich die Zielgröße "Null" gesetzt. Damit sei das Ministerium "alles andere als zufrieden". Der Sprecher wies darauf hin, dass im Koalitionsvertrag vereinbart sei, das Ziel von null Frauen künftig zu sanktionieren - ebenso wie Verstöße gegen die Meldepflicht für die jeweiligen Frauenziele. Daran arbeiteten das Frauen- und das Justizministerium derzeit.

Die Politik selbst aber geht nur bedingt mit gutem Beispiel voran. Auch in den 60 Beteiligungsunternehmen des Bundes sitzt nur in jedem dritten eine Frau im Vorstand. Der Frauenanteil liegt mit 14 Prozent zwar über dem der großen Privatunternehmen. Ein Jahr zuvor aber waren es noch 18 Prozent gewesen. Eine Regierungssprecherin sagte, die Koalition habe sich für den öffentlichen Dienst bis 2025 eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in allen Führungspositionen vorgenommen. "Wir wissen um die Vorbildfunktion."

© SZ vom 17.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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