Gerichtsurteil:Bier darf nicht "bekömmlich" sein

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Brauereien dürfen ihr Bier künftig nicht mehr mit dem Adjektiv "bekömmlich" bewerben. (Foto: dpa)

Brauereien dürfen künftig nicht mehr mit dem Adjektiv werben. Es suggeriere einen gesundheitlichen Nutzen, begründet das Oberlandesgericht Stuttgart die Entscheidung.

Von Silvia Liebrich

Schon die alten Ägypter wussten, wie man aus Getreide und Wasser ein süffiges Gebräu herstellt. In Liebhaberkreisen gilt Bier bis heute als eine Art Grundnahrungsmittel, flüssiges Brot quasi. So mancher schwört darauf, dass ein warmes Bier das beste Mittel gegen eine Erkältung sei. Und Paracelsus, der sich vor gut 500 Jahren als Arzt, Alchemist und Philosoph einen Namen machte, war dem Gerstensaft so zugetan, dass er ihn als "wahrhaft göttliche Medizin" pries.

Doch lässt sich aus alldem ableiten, dass Bier gesund ist? Ganz sicher nicht, stellte das Oberlandesgericht Stuttgart am Donnerstag in einem wegweisenden Urteil klar. Brauereien dürfen für Bier demnach nicht mit dem Begriff "bekömmlich" werben. Der Begriff sei eine gesundheitsbezogene Angabe und dürfe deshalb in der Werbung für alkoholische Getränke nicht verwandt werden, hieß es in der Begründung.

Klingt nach Haarspalterei - ist es aber nicht

Hintergrund des Verfahrens ist ein Zwist zwischen der Härle Brauerei aus Leutkirch im Allgäu und dem Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) aus Berlin. Seit 2015 streiten sie beide Seiten vor Gericht darüber, ob Bier als "bekömmlich" beworben werden darf. Das klingt nach Haarspalterei, doch das ist es nicht. Denn bekömmlich kann nicht nur gut verdaulich, sondern auch gesund bedeuten - und das macht die Sache kompliziert. Denn gesundheitsbezogene Aussagen müssen belegbar sein. So hat es die EU in der sogenannte Health-Claims-Verordnung geregelt, die Verbraucher vor falschen Versprechen bei Lebensmitteln schützen soll.

Der Fall Härle sorgt deshalb in der gesamten Brauerei-Branche für Aufsehen. Dass deutsche Hersteller ihre Biere als bekömmlich bezeichnen, sei nichts ungewöhnliches, sagt ein Sprecher vom Verband der privaten Brauereien. Auch der lokale Bierproduzent Härle werbe seit mehr als einhundert Jahren damit. Der Verband Sozialer Wettbewerb hält das jedoch für irreführend. Nach dessen Ansicht verschleiert das Wort "bekömmlich" die Gefahren des Alkoholkonsums und suggeriert zudem einem einen gesundheitlichen Nutzen. Dieser Einschätzung schlossen sich auch die Richter des Stuttgarter Oberlandesgerichtes an. Die Brauerei Härle hatte dagegen argumentiert, der Begriff bekömmlich verweise auf die Genusswürdigkeit des Bieres.

Das Urteil kommt nicht ganz überraschend: Bereits 2012 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem ähnlichen Fall entschieden, dass Wein nicht als "bekömmlich" vermarktet werden darf. Die Luxemburger Richter hatten damals darauf verwiesen, dass nach EU-Recht gesundheitsbezogene Angaben bei Getränken mit einem Alkoholgehalt über 1,2 Volumenprozent unzulässig sind.

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