Der Rücken schmerzt vom Bücken, die Füße sind zerstochen, und unter den Fingernägeln sitzt ordentlich Dreck - Gärtnern kann Spaß machen, fordert aber auch seinen Tribut. Wer sich die Hände nicht schmutzig machen will oder so städtisch wohnt, dass er keine Flächen zum Bepflanzen findet, hat mittlerweile eine Alternative: Onlinegärtnern. Dabei handelt es sich nicht um ein virtuelles Bauernhofspiel für den Computer oder fürs Smartphone, im Gegenteil - Land, Pflanzen und Ernte sind sehr real.
Der Wirtschaftsinformatiker Martin Kruszka hatte die Idee dazu und lässt nun Kunden über den Computer oder übers Handy echte Felder beackern. "Wir wollen die Menschen wieder für die Gartenarbeit begeistern", erklärt der Berliner seine Ambitionen. Der Hektar mit 400 Parzellen liegt in Sachsen-Anhalt, knapp 200 Kilometer von Berlin entfernt. Auf dem Land ragen Plastikrohre aus der Erde, daran sind Webkameras befestigt. In der Erde befinden sich Bodensensoren. Eine Bewässerungsanlage wurde ebenfalls installiert. Die Pächter entscheiden am Computer, ob sie Tomaten, Kartoffeln oder Radieschen anbauen und schauen übers Internet zu, wie alles wächst.
Wer beim "IP Garten" für etwa 32 Euro im Monat eine 16 Quadratmeter große Parzelle pachtet, klickt sich durch das Programm wie durch ein Onlinespiel. Es gibt einen virtuellen Gartenassistenten, der mit Tipps und Hinweisen hilft. An Ort und Stelle kümmern sich Gärtnerinnen ums Land. Sie jäten zum Beispiel Unkraut oder graben das Land um, wenn jemand das online fordert. Besondere Arbeiten oder spezielle Tipps kosten extra. Am Ende beschert den Kunden das Onlinegärtnern reales Gemüse für die eigene Küche. In einer Saison gibt es etwa 20 Gemüsekisten. "Mancher Kunde war schon überrascht, was so eine kleine Parzelle alles hergibt", berichtet Kruszka.
Vor einigen Jahren hat er das Land noch selbst beackert. "Wir leben in Berlin und konnten nicht jedes Wochenende dorthin fahren", erzählt er. War einige Zeit vergangen, litt der Boden unter Trockenheit. Darum habe er mit der Hilfe seines Bruders ein Bewässerungssystem installiert, das sich online steuern ließ. "Als Hilfe diente uns das Ventil einer Waschmaschine", berichtet er. Das Problem des Bewässerns war gelöst.
Viele wünschen sich einen eigenen Garten, können den Traum aber nicht verwirklichen
Eine Kamera half dabei, das Wachstum des Gepflanzten vom heimischen Berlin aus zu beobachten. "Gleichzeitig merkte ich, wie viele Leute sich für Onlinespiele wie Farmville begeisterten", sagt der Wirtschaftsinformatiker. Und damit war die Idee zum Onlinegärtnern mit einem realen Garten geboren. Kruszka gründete mit einem Kompagnon den IP Garten. "Viele Leute scheinen eine Sehnsucht nach dem eigenen Garten zu verspüren, haben aber entweder nicht genug Land, keine Zeit oder keine Erfahrungen damit", meint er. In Berlin bekomme man nur sehr schwer einen Schrebergarten, erzählt Kruszka. So fand sein Konzept relativ schnell viele begeisterte Anhänger.
Bisher ist das Unternehmen nur in Berlin aktiv. Doch das soll sich ändern. "Wir benötigen noch einen Investor, danach wollen wir unseren Service in ganz Deutschland anbieten", berichtet Kruszka. Die Schwierigkeit sei, jemanden zu finden, der den Ausbau der Firma im Sinne der Initiatoren mitmache. Die Suche habe erst einmal Priorität, erklärt der Gründer. Daher setzt IP Garten in dieser Saison aus, um alles Notwendige auf den Weg zu bringen. "Zum Leidwesen vieler Kunden", sagt er. Im nächsten Jahr sollen die Gemüsepflanzen aber wieder sprießen. Bis dahin wachsen Wildblumen auf dem Land. Die Kameras sind geblieben. Die Pächter können ihre Wildblumenwiesen also regelmäßig kontrollieren und beim Wachsen beobachten.