Geldwerkstatt:Verlustrechnung

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Das deutsche Steuersystem ist kompliziert, auch, wenn es um die Geldanlage geht. Zum Beispiel bei Geschäften mit Aktien und Investmentfonds: Wie viel geht an den Fiskus? Was sind die häufigsten Missverständnisse bei der Verrechnung von Verlusten?

Von Jan Willmroth

Die so oft beklagte Komplexität des deutschen Steuersystems, sie fängt schon bei der Art des Einkommens an. Es gibt nicht eine, sondern sieben Einkommensarten in Deutschland. Gewinneinkünfte werden unterschieden nach solchen aus Land- und Forstwirtschaft, aus einem Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit. Das Einkommen von Angestellten ist unterteilt in Einkünfte aus nicht-selbständiger Arbeit, aus Vermietung und Verpachtung, sonstigen Einkünften und Kapitalerträgen. Vor sechs Jahren hat sich bei letzteren so einiges geändert - und diese Änderungen führen bei Sparern noch immer zu Irritationen. Viele verrechnen sie bei der Steuer nicht optimal.

Für Privatanleger ausschlaggebend ist seit der Gesetzesnovelle die Möglichkeit, den Schaden ihrer Verluste über die Steuererklärung zu begrenzen. Denn mit der Einführung der Kapitalertragssteuer ermöglichte der Gesetzgeber, Verluste, die Sparer mit dem Verkauf von Wertpapieren bei einer deutschen Bank einfahren, mit positiven Kapitalerträgen zu verrechnen.

Für Bankkunden ist das komfortabel: Sie müssen seither deutlich weniger Formulare ausfüllen, weil die Bank ihnen die Arbeit des Verrechnens abnimmt - das gilt allerdings nicht für Anleger, die Depots bei mehreren Banken führen.

Mit der Abgeltungssteuer werden Zinsen, Dividenden und realisierte Kursgewinne pauschal mit 25 Prozent zuzüglich 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag besteuert, sofern sie den Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro für Ledige und 1602 Euro für Ehepaare überschreiten. Alles darunter bleibt steuerfrei, bei allen darüberliegenden Beträgen führt die Bank die Steuer an das Finanzamt ab.

Mit dem Sparerfreibetrag sind Werbungskosten innerhalb der Kapitaleinkünfte nicht mehr abzugsfähig, also Gebühren für Vermögensverwalter, Depotgebühren oder Abrechnungen.

Hört man sich bei Anlageberatern und Vermögensverwaltern um, führt es noch immer regelmäßig zu Missverständnissen, dass die Bank zwei Verlustverrechnungstöpfe führt. "Diese sind aber notwendig, weil Verluste aus Aktienverkäufen nur noch mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden dürfen", sagt der Vermögensexperte Andreas Görler von Wellinvest - Pruschke & Kalm.

Anders als Verluste aus Aktienverkäufen können Verluste aus dem Verkauf von Investmentfonds, Indexzertifikaten oder anderen alternativen Anlageformen seit der Gesetzesnovelle mit sämtlichen Erträgen verrechnet werden. Wichtig ist auch der Unterschied zwischen ausschüttenden und thesaurierenden Fonds. Letztere investieren Zinsen und Dividenden direkt wieder ins Fondsvermögen. Auch diese Erträge sind steuerpflichtig, werden aber erst beim Verkauf des Fonds verrechnet - sodass dann alle aufgelaufenen Gewinne auf einmal versteuert werden müssen.

Ein Beispiel verdeutlicht, wie sich der Unterschied zwischen Aktien-Gewinnen und anderen Kapitalerträgen auswirkt: Ein Sparer, der aus Aktienverkäufen 1000 Euro als Verlustvortrag angibt und mit anderen Anlagen 1500 Euro Zinsen erhält, muss nach Abzug des Sparerpauschbetrags 699 Euro ansetzen. Realisiert er hingegen Verluste von 1000 Euro aus dem Verkauf von Fonds, kann er diese mit den 1500 Euro Zinsen verrechen. Die Kapitalertragssteuer entfiele dann ganz.

Im zweiten Halbjahr sollten Anleger überprüfen, ob es sinnvoll erscheint, bestimmte Wertpapiere vor Jahresende zu verkaufen, rät Tobias Koch von Schiketanz Capital Advisors. Denn oftmals lohnt es sich, Verluste nicht auszusitzen.

© SZ vom 19.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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