Geldwerkstatt:Verdächtige Abbuchungen

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Deutsche Banken haben in der vergangenen Wochen mehr als 100 000 Kreditkarten wegen Verdacht auf Betrug ausgetauscht. Wie reagiert man auf verdächtige Abbuchungen?

Von Jan Willmroth

Es hat sich viel geändert in der kurzen Geschichte der Kreditkarte. Der Amerikaner Edward Bellamy soll sie erstmals erwähnt haben, in seinem Roman "Looking Backward" von 1887. Darin beschreibt er das Konzept, mit Karten zu zahlen, sogar das Wort credit card verwendet er schon. Bis die Karten eine Gestalt hatten, die mit der heutigen vergleichbar ist, dauerte es noch bis 1958. Bankamericard hieß damals die erste erfolgreiche moderne Kreditkarte, ausgegeben von der Bank of America. Wieder dauerte es, bis die Computerisierung des Zahlungsverkehrs Kreditkarten zu einer schnellen und bequemen Alternative machte, vor allem für Amerikaner, die in einem stark fragmentierten Bankensystem in den 50-er Jahren schlecht an Bargeld kamen, wenn sie innerhalb der USA reisten.

In Deutschland haben in den vergangenen Wochen Zehntausende Bankkunden Post von ihren Kreditinstituten erhalten, dass ihre Kreditkarte ausgetauscht werden müsse. Einige Banken sperrten vorsorglich Karten. Möglicherweise könnte es zu Missbrauchsfällen gekommen sein, doppelter Konjunktiv: Vorsichtiger als die Banken in Schreiben an betroffene Kunden kann man so etwas wie Datendiebstahl und Kreditkartenbetrug kaum ausdrücken. Früher war das umgekehrt, da wurde das Portemonnaie gestohlen und der Kunde rief an, die Karte zu sperren. Passiert heute auch noch, ist aber nur noch eine von vielen Möglichkeiten, wie Betrüger sich Kreditkartendaten besorgen. Für Banken und Kreditkartenfirmen ist das Alltag.

Für die vielen beim Zahlungsverkehr eher traditionsbewussten deutschen Bankkunden ist das eine neue Erfahrung. Sie ist aber eine logische Folge des Umstands, dass jemand, der heute auch nur wenige Male im Internet mit Kreditkarte bezahlt, potenziell die Kontrolle über seine Kartendaten abgibt. Einen definitiven Schutz vor dem Missbrauch der eigenen Kredit- und Kontodaten gibt es nicht. Es gibt aber, und das macht es bequem, ziemlich kulante Banken, die ihre Kunden nicht im Stich lassen, wenn betrügerische Abbuchungen offensichtlich mit gestohlenen Daten passiert sind. Oft bekommt der Kunde auch nichts davon mit, und Fehlbeträge werden ihm sofort erstattet. Gut für Kunden ist auch ein Paragraf im Bürgerlichen Gesetzbuch, wonach sie mit maximal 150 Euro haften, wenn Karten(daten) gestohlen wurden oder man sie verloren hat. Viele Banken setzen die Haftungsgrenze geringer an oder lassen sie gleich ganz weg.

Wenn auf dem Kontoauszug etwas verdächtig aussieht, vor allem Centbeträge, die sich nicht zuordnen lassen, sollte man erwägen, die betroffenen Karten zu sperren. Mit der zunehmenden Digitalisierung des Zahlungsverkehrs lohnt es sich immer mehr, seine Kontobewegungen minutiös zu kontrollieren. Bis zu acht Wochen lassen sich Abbuchungen ohne Angabe von Gründen zurückbuchen, bei Betrug verlängert sich die Frist auf 13 Monate. Karten lassen sich einfach per Anruf unter 116116 sperren. Das darf laut Gesetz nichts kosten, ebenso wie eine neue Karte. Wenn die Bank Gebühren für eine Ersatzkarte berechnet, sollten Kunden Widerspruch einlegen.

Verdächtige Auszahlungen gefunden? Dann schnell die Kredit- oder EC-Karte sperren. (Foto: Jens Büttner/dpa)

Gegen Datendiebstahl mögen Kunden machtlos sein, ihm möglichst vorbeugen können sie dennoch leicht. Dazu gehört, gut zu überlegen, wo Kreditkartenzahlung wirklich ohne Alternative ist und die Daten nur auf vertrauenswürdigen Webseiten einzugeben. Wenn doch etwas passiert, kommt man relativ sicher ohne hohe Kosten davon.

© SZ vom 25.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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