Geldwerkstatt:Kein Platz für alte Formate

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Für Anleger ist der Medienmarkt durch die Digitalisierung riskant geworden. Ein paar Innovatoren dominieren das Geschäft. Zumindest neue Medien versprechen Erfreuliches.

Von Janis Beenen, München

E-Sport-Event in Budapest Ende März. Der Umsatz mit den für viele noch neuen Gaming-Wettbewerben ist ein Wachstumstreiber für Software-Unternehmen wie EA oder Sony. (Foto: Marton Monus/AP)

"Aktien von Medienunternehmen? Da wollen Sie wirklich drüber reden?" Der Analyst einer großen deutschen Bank ist skeptisch. Vielversprechende oder gar überraschend gute Investitionsmöglichkeiten in der Medienbranche sind rar. Besonders die Aktienwerte von einigen Verlagen und Sendergruppen fielen trotz des allgemeinen Börsenbooms der vergangenen Jahre. Fonds, die sich zum Teil auf den Markt spezialisiert haben, schnitten fast durchweg schlecht ab. Die Entwicklungen sind ein Lehrstück über Chancen und vor allem Risiken der Digitalisierung.

Die Fernsehprogramme

Besonders schwer haben es die TV-Sender. Die Papiere von Pro Sieben Sat1 verloren in den vergangenen zwölf Monaten etwa 30 Prozent ihres Wertes, bei RTL sind es mehr als zehn. Pro Sieben Sat1 ist nach der schwachen Entwicklung sogar aus dem Deutschen Aktienindex (Dax) geflogen, dem die 30 größten börsennotierten Konzerne des Landes angehören. Die Sender spüren veränderte Sehgewohnheiten. Die Zuschauer orientieren sich zu Online-Angeboten wie Streaming-Diensten. Beide Sendergruppen bemühen sich, mit eigenen Plattformen nachzuziehen. Doch gegen Marktführer wie Netflix und Amazon wirken sie chancenlos. Netflix erlebt beispielsweise ein extremes Wachstum. Mittlerweile hat der Streaming-Dienst etwa 110 Millionen zahlende Abonnenten. Die Aktie legte innerhalb eines Jahres um knapp 100 Prozent zu. Die Führungsrolle der großen Innovatoren streitig zu machen, dürfte schwierig werden. Mit ihrem globalen Angebot sind sie weit enteilt. Die Analysten der DZ-Bank, dem Gemeinschaftsunternehmen der Volksbanken, fürchten daher eine "Abschwächung der TV-Werbekonjunktur". Nach wie vor seien die klassischen Sender von den Einnahmen abhängig. "Der Werbemarkt hat sich in den vergangenen Jahren enorm verschoben", bestätigt Nedialko Nedialkov, Portfoliomanager und Experte für die Medienbranche bei Union Investment. Die Budgets vieler werbender Firmen seien zu großen Teilen an die neuen Giganten wie Amazon, Google oder Facebook gebunden. Daher rät Nedialkov Anlegern zur Vorsicht, wenn sie Aktien der deutschen Sendergruppen kaufen möchten.

Die Verlage

Fallende Werbeeinnahmen sind auch im Print ein Problem. Da wundert es zunächst, dass die Aktien von Axel Springer binnen eines Jahres um etwa 30 Prozent an Wert gewonnen haben. Schließlich assoziieren viele mit Springer aufgrund von Blättern wie Bild und Welt ein klassisches Zeitungshaus. Tatsächlich schwindet die gedruckte Auflage, mehrere Printtitel wurden mittlerweile abgestoßen. Aber das Unternehmen hat seine Aktivitäten deutlich ausgeweitet "Axel Springer ist in Deutschland einer der führenden Online-Konzerne", bestätigen die Experten der DZ-Bank. Früher als Konkurrenten investierte Springer ins digitale Geschäft. Unter anderem gehören die Jobbörse Stepstone und die Wohnungsbörse Immowelt zum Konzern. Hinzu komme die Internationalisierung, so die DZ-Bank-Analyse. Am US-Vermietungsportal Airbnb ist Springer genauso beteiligt wie am Fahrdienstvermittler Uber. Gelinge es, die Digitalisierung und die internationale Expansion fortzusetzen, bestünden gute Chancen auf anhaltendes Wachstum, meinen die Beobachter.

Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage. (Foto: SZ-Grafik)

Auch Bastei Lübbe ist ein Konzern aus dem Markt für Gedrucktes. Der Buchverlag zeigt, was passiert, wenn die Modernisierung nicht klappt. Ausgerechnet bei den digitalen Tochtergesellschaften fallen außerplanmäßige Abschreibungen an. Die Streaming-Plattform Oolipo gewinnt beispielsweise nicht so viele Nutzer wie kalkuliert. Dabei orientiert sich die Konzeption an bestehenden Größen im Geschäft. Aber die Konkurrenzsituation ist vergleichbar mit dem Fernsehen. Einige große Anbieter wie Spotify dominieren. Für kleinere ist es schwierig, als Neuling aufzuholen und sich zu behaupten. Für das Geschäftsjahr 2017/18 rechnet Bastei Lübbe mit einem Verlust von rund elf Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr halbierte sich der Aktienwert auf nur noch knapp drei Euro.

Die neuen Medien

Gerade in Deutschland sind die Investitionsmöglichkeiten in den Medienmarkt überschaubar. Nur wenige Unternehmen sind börsennotiert. Daher kann es sich lohnen, die klassische Definition von Medien zu weiten. Für etwas risikobereitere Anleger sind daher neue Medien, die weniger im Fokus stehen, interessant. Der E-Sport gilt als Wachstumsmarkt. Lange war Zocken ein Privatvergnügen am heimischen Bildschirm. Jetzt eröffnet der E-Sport neue Möglichkeiten. Computerspiele werden zum Massenevent. Profis füllen große Hallen, Tausende schauen ihnen beim virtuellen Fußball und fiktivem Krieg zu. Red Bull, Coca Cola, Gerolsteiner und andere erfolgreiche Marken treten als Sponsoren auf. Bekannte Firmen wie Innogy oder etablierte Vereine aus dem herkömmlichen Sport bringen eigene Teams an den Start. Im Jahr 2017 nahmen die Spielefirmen mit E-Sport 696 Millionen Dollar ein, so die Analysten der Fachplattform Newzoo: Ein Plus von mehr als 40 Prozent innerhalb eines Jahres. Für 2020 prognostizieren die Experten einen Umsatz von weit über einer Milliarde Euro. Davon profitieren die Spiele- und Konsolenhersteller zusätzlich zum erträglichen Kerngeschäft. Activision Blizzard, Electronic Arts oder Sony - ihre Aktien legten seit Januar 2017 mindestens um 30 Prozent zu. Allerdings bleibt insbesondere bei Produzenten, die lediglich auf Spiele festgelegt sind, ein Risiko. Ihre Neuerscheinungen dürfen nicht floppen, bei Entwicklungen wie Virtual Reality dürfen sie Trends nicht verpassen - ansonsten kann es mit dem rasanten Aufstieg rasch vorbei sein.

Die Anlagemöglichkeiten

Natürlich können Anleger einzelne Aktien kaufen. Besonders, wenn man nur Papiere aus einer Branche kauft, ist das Verlustrisiko aber groß. Einige Fonds, insbesondere passive Fonds (ETFs), die einen bestimmten Index nachbilden, sind auch am Markt. Nur auf klassische Medienbetriebe setzen sie aber nicht. "Diese Produkte enthalten typischerweise in erster Linie Telekommunikationsaktien", sagt Ali Masarwah, Analyst der Fondsrating-Agentur Morningstar. Viele verloren zuletzt an Wert. Masarwah spricht von einem "ziemlich risikoreichen Investment" und rät Privatanlegern zu Vorsicht. Die Fonds seien oft wenig diversifiziert. Und die Branche zeigte sich zuletzt krisenanfällig.

© SZ vom 09.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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