Geldwerkstatt:Ich möchte mein Konto wechseln. Woran erkenne ich günstige Angebote?

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Die Banken kassieren gern beim Privatkunden ab - vor allem bei den Dispozinsen. Warum sich ein Wechsel meistens lohnt.

Von Jan Willmroth

Vater und Mutter waren dort Kunde, schon in der Grundschule kam die junge Sparkassen-Mitarbeiterin in die Klasse und machte Werbung für das "Schüler-Konto". Selbst wer eine ganze Weile später zum Studieren oder Arbeiten in eine andere Ecke Deutschlands gezogen ist, bleibt oft Kunde bei seiner Kreissparkasse. Und nimmt alle Nachteile in Kauf, die eine so lange Treue inzwischen mit sich bringt.

Denn viele Bankkunden in Deutschland zahlen zu viel für ihr Girokonto. Zwar spielen laut einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung der Comdirect-Bank 58 Prozent der Bankkunden mit dem Gedanken, ihr Konto zu wechseln. Aber nur jeder Fünfte hat das überhaupt jemals gemacht. Für die Banken sind derart wechselfaule Kunden eine sichere Einnahmequelle. Vielen Kunden hingegen dürften die Nachteile ihres Girokontos hingegen nicht einmal bewusst sein.

Denn die Gesamtkosten eines Kontos veröffentlichen Banken in der Regel nicht. Sie setzen sich zusammen aus einer Reihe einzelner Gebühren, die Kunden vor dem Kontowechsel zusammensuchen und summieren sollten. Manch vermeintlich günstiges Angebot stellt sich dann als überraschend teuer heraus.

Offensichtlich sind die Kontoführungsgebühren und die Kosten für eine Kreditkarte. Letztere ist bei den meisten Direktbanken kostenlos inbegriffen; ob ein Girokonto gebührenfrei bleibt, hängt teilweise von einem regelmäßigen Geldeingang ab. Bei Filialbanken ist das zumeist anders, hier kostet die Kreditkarte Gebühren, das Konto auch, und bei manchen Provinz-Banken fallen sogar Gebühren für Überweisungen oder Einzahlungen an. Für Menschen, die ihr Konto zudem regelmäßig überziehen, fallen deshalb jährlich meist dreistellig Beträge an. Sie können aber, wie jüngst eine Untersuchung des Finanzexperten Udo Keßler zeigte, sehr viel Geld sparen: Die Gesamtkosten liegen für einen Durchschnittskunden je nach Konto und Bank zwischen 53 und 286 Euro pro Jahr.

Welche Folgen hat es, wenn ein Konzern seine Gewinnprognose anpassen muss? (Foto: N/A)

Besonders viel zahlen Kunden demnach dort, wo viele seit Kindheitstagen Kunde sind: Bei den 415 Sparkassen im Land. Ein Wechsel lohnt sich also meistens. Wer damit leben kann, Geldgeschäfte nicht mehr in der Filiale, sondern im Netz zu erledigen, ist bei Direktbanken am besten aufgehoben. Das bestätigen Tests und unabhängige Vergleiche immer wieder.

Und dann das ewige Leid mit den Dispozinsen: Jahrelang haben Verbraucherschützer bemängelt, dass Banken unzureichend über deren Höhe informieren und bei überzogenen Konten bis zu 15 Prozent Zinsen abkassieren. Im Sommer beschloss die Bundesregierung eine Gesetzesnovelle, wonach die Banken besser über die Höhe der Dispozinsen aufklären müssen. Jetzt zeigt eine Studie der Verbraucherzentrale Sachsen: Die meisten der 371 untersuchten Banken informieren inzwischen zwar über die Sollzinsen, nur Genossenschaftsbanken stechen hier mit unzureichenden Angaben hervor. Informationen über den Referenzzinssatz, an den der Sollzins gebunden ist, fehlten in 75 Prozent der Fälle; und zumeist wählten die Banken einen Zinssatz, der wenig oder gar nicht schwankt, sodass Kunden weit weniger von niedrigen Marktzinsen profitieren. Genaue Angaben, wann die Bank die Zinsen anpasst, fehlten meist völlig; konkrete Regeln, nach denen die Bank die Zinsen anpasst, wurden nur für ein Fünftel der 1346 untersuchten Konto-Angebote genannt - und das zumeist unverständlich.

Wechselwillige Kunden werden also offenbar weiterhin schlecht informiert. Die Intransparenz hat System: Überzogene Konten sind eine viel zu leichte und zu gute Einnahmequelle.

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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