Geldwerkstatt:Hart verhandeln

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Wer jetzt für seinen Immobilienkredit eine Anschlussfinanzierung braucht, kann von den derzeit niedrigen Zinsen profitieren -vorausgesetzt, man geht selbstbewusst in die Bankgespräche.

Von Martin Lechtape, München

Die Zinsen für Immobilien sind heute sieben Mal niedriger als vor der Finanzkrise. Trotzdem zahlen Haus- und Wohnungseigentümer, die ihren Vertrag vor zehn oder mehr Jahren abgeschlossen haben, immer noch hohe Zinsen. Nun ist es an der Zeit, neu zu verhandeln. Doch wie kommt man jetzt an die beste Anschlussfinanzierung?

Ganz wichtig ist es, selbstbewusst aufzutreten. "Der Kunde kann in der Verhandlung mit breiter Brust auftreten und sollte auf keinen Fall die Konditionen des alten Kredits einfach übernehmen", sagt Jörg Sahr, Immobilienexperte bei der Stiftung Warentest. Man habe schließlich mehr als zehn Jahre lang zuverlässig die Zinsen bezahlt und sich als vertrauenswürdiger Kunde erwiesen. Ein weiterer Grund für selbstbewusstes Auftreten: Der Wert der Immobilie ist binnen zehn Jahren meist stark gestiegen. So erhöhte sich der Wert einer Immobilie in Deutschland seit 2007 im Durchschnitt um 70 Prozent. Das bedeutet eine höhere Sicherheit für die Bank und einen niedrigeren Zins für den Kunden.

Den muss der Kunde aber bei der Bank einfordern, denn das erste Angebot der Bank für eine Anschlussfinanzierung berücksichtige die Wertsteigerung meist nicht, erläutert Sahr. Das Angebot sei zwar günstiger als der alte Kredit, davon dürfe sich der Kunde aber nicht blenden lassen, denn die Banken haben deutlich mehr Handlungsspielraum, als mancher vielleicht denke. "Die Banken setzen da ganz auf die Bequemlichkeit des Kreditnehmers, der das erste Angebot oft blind annimmt", sagt Sahr. Dabei lohne es sich, das erste Angebot der Bank auszuschlagen und auf bessere Konditionen zu beharren.

Mit niedrigeren Zinsen lassen sich oft viele Tausend Euro sparen. (Foto: Johannes Simon)

Wenige Prozentpunkte im Bauzinsen-Vergleich können über die Jahre hinweg einige Tausend Euro einsparen, denn zwischen den Banken schwankt der Zins enorm. Wenn die alte Bank trotzdem auf keine Verhandlung eingeht, genügt es meistens, mit einem Wechsel zu einer anderen Bank zu drohen. "Wenn man dem Bankberater ein günstigeres Angebot einer Konkurrenzbank auf den Tisch legt, knickt er meistens ein", sagt Sahr.

Bleibt die alte Bank stur, ist ein Wechsel des Kreditinstituts die beste Option. Der Aufwand ist gering, denn die Banken übernehmen meistens die Wechselkosten und sind froh über jeden neuen Kunden. Grundsätzlich gilt: Je höher die Restschuld, desto sinnvoller ist der Wechsel zu einer anderen Bank. "Wenn die Restschuld allerdings unter 100 000 Euro liegt, macht der Wechsel zu einer anderen Bank wenig Sinn", sagt Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg. Daher sei es wichtig, sich frühzeitig einen Überblick darüber zu verschaffen, wie viel Geld man der Bank noch schulde, empfiehlt Scobel. Vermittlungsgesellschaften informieren den wechselwilligen Kunden dann über die besten Tarife.

Was viele nicht wissen: Man kann bis zu fünf Jahre vor dem Auslaufen eines Kredits den Anschlusskredit festlegen. Das sind dann sogenannte Forward-Darlehen. Die werden auf den Webseiten von deutschen Kreditanbietern im Moment verstärkt angepriesen. Forward-Darlehen legen schon heute den Zinssatz von morgen fest. Auch wenn der Kredit erst in ein paar Jahren ausläuft, bestimmt man mit einem Forward-Darlehen, wie hoch der Zins ist, den man zum Beispiel in fünf Jahren zahlt.

Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage. (Foto: SZ-Grafik)

Im Moment sieht es zumindest so aus, als könnte sich das lohnen, denn die Zinsen für Immobilienkredite steigen wieder. Eine hohe Inflation und die gute konjunkturelle Lage treiben die Zinsen nach jahrelangem Tiefstand langsam wieder nach oben. Wenn sich die Entwicklung so fortsetzt und die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Niedrigzinspolitik ändern sollte, ist es günstiger, die Zinsen heute festzulegen, anstatt in ein paar Jahren, wenn der Kredit ausläuft und das Zinstief womöglich überschritten ist.

Verbraucherschützer raten davon jedoch ab: "Man kann unmöglich sagen, wie hoch der Zins in fünf Jahren ist. Das ist so, als würde man die Zukunft in der Glaskugel lesen", sagt Scobel. Wer sich verspekuliere, verliere viel Geld. Außerdem müsse man bei einem Forward-Darlehen jetzt schon festlegen, wie hoch die Restschuld in fünf Jahren sein wird. "Wenn dann unerwartet das Dach kaputt geht und man mehr Geld von der Bank braucht, geht das nicht so leicht." Auch der Wechsel zu einer anderen Bank sei bei einem Forward-Darlehen ausgeschlossen. Wer also auf Nummer sicher gehen will, der bleibt bei der klassischen Anschlussfinanzierung. Oder schließt von vornherein ein Volltilger-Darlehen ab, bei dem es gar keine Restschulden gibt.

© SZ vom 18.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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