Geldwerkstatt:Achtung, Risiko!

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Es gibt in Deutschland eine Vielzahl von Online-Brokern, die Privatanlegern die Tür zum Devisenhandel öffnen. Aber ist es sinnvoll, als Privatanleger Geld auf Wechselkurs- Bewegungen zu setzen? Eine Frage von SZ-Leser Manfred Müller.

Von Jan Willmroth

Zum Ende der Woche jährte sich ein selbst im Devisenmarkt seltenes Ereignis, ist der doch stets für so manche Überraschung gut. Was damals passierte, lässt sich am besten mit dem Ingenieur Mitte 20 erzählen, dessen Geschichte der Spiegel aufschrieb. Am 15. Januar, einem Sonntag, verkündet die Schweizer Nationalbank völlig unerwartet, die Bindung des Franken an den Euro aufzugeben. Bis dato durfte der Euro nicht weniger als 1,20 Schweizer Franken Wert sein. Und bis dahin war das auch ein vermeintlich sicheres Geschäft. Weil der Wechselkurs ohnehin gedeckelt war und stets nahe der Obergrenze lag, gab es für den Kurs eigentlich nur eine Richtung: nach unten. Dachte auch der Ingenieur. Mit einem sogenannten Contract for Difference (CFD) hatte er 2800 Euro auf bestimmte Kursdifferenzen des Franken zum Euro gesetzt. Inmitten der Panik am Markt stand der Mann mit der Forderung seines Brokers, 280 000 Euro nachzuschießen, binnen weniger Minuten vor dem finanziellen Ruin.

Sein Beispiel war nur eins von vielen; der Franken-Schock hatte sogar ganze Broker binnen kürzester Zeit in die Insolvenz getrieben. Sicher war der Wirbel um die Schweizer Währung ein Sonderfall und die Folgen besonders drastisch. Sie erinnerten aber daran, welche unglaublichen Risiken Anleger an den Devisenmärkten eingehen können. Im Fall des beschriebenen Franken-Anlegers war der CFD mit einem Hebel von 1:400 ausgestattet, es war also eine Wette mit geliehenem Geld. Wenn ein Wechselkurs sich um ein Prozent in die gewünschte Richtung bewegt, gewinnt der Anleger dabei 400 Prozent. Das gilt aber auch umgekehrt: Theoretisch ist der Verlust unbegrenzt.

Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Online-Brokern, die Privatanlegern die Tür zum Devisenhandel öffnen, dem größten und liquidesten Finanzmarkt der Welt. Die gigantische Summe von mehr als 5,3 Billionen Dollar wird täglich hier umgesetzt, schätzt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ).

Die Broker, die meist auf einschlägigen Webseiten aggressiv um Spekulanten werben und mit hohen Einstiegsrabatten und Bonuszahlungen locken, erlauben Wetten auf die Kursbewegung fast jeder Währung. Will ein Anleger beispielsweise darauf setzen, dass der Wert des Dollar zum Euro steigt, kann er das in wenigen Schritten und sogar fast ohne eigenes Geld mit hohen Summen tun. So rüsten sich private Spekulanten etwa vor Zinsentscheidungen der Zentralbanken - wie jene der US-Notenbank Fed im Dezember - mit CFD aus, um von Wechselkursschwankungen zu profitieren. Deshalb erlauben die Plattformen den Anlegern, fast ohne eigenes Geld zu wetten. Hebel von bis zu eins zu hundert gelten als normal. Das heißt: Kauft der Kunde Währungskontrakte im Wert von 100 000 Euro, muss er nur 1000 Euro eigenes Kapital einsetzen.

Allein, die Entwicklung von Wechselkursen hängt von derart vielen Faktoren ab, dass seriöse Prognosen so ziemlich unmöglich sind. Wer sich für den Handel mit Devisenkontrakten entscheidet, spekuliert in einem hochriskanten Bereich, das sollte jedem klar sein. Man kann das tun, wenn Geld zum Spielen und Wetten übrig ist - mit sinnvollem Sparen oder gar Vorsorge hat es dann nichts mehr zu tun. Dennoch lohnt es sich, Wechselkursbewegungen zu berücksichtigen - zum Beispiel beim Kauf von Wertpapieren, die in anderen Währungen notieren. Das kann sinnvoll sein, um sein Portfolio besser abzusichern.

© SZ vom 18.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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