Geldwäsche-Liste:"Zeichen für politischen Mut"

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Panama steht nun auch auf der Schwarzen Liste der EU von Staaten, in denen schmutziges Geld gewaschen wird. (Foto: Moises Castillo/AP)

Die EU-Liste von Staaten, die nicht genug gegen Geldwäsche tun, bekommt viel Lob. Kritiker vermissen in der Aufstellung aber auch einige Länder.

Von Karoline Meta Beisel und Markus Zydra, Frankfurt/München

Die Liste sieht aus wie ein Pranger, aber die EU-Justizkommissarin will sie eher als Einladung verstanden wissen. "Meine Türen sind immer offen, wie sie es von Anfang an waren", sagt Vĕra Jourová am Mittwoch in Straßburg. "Ich hoffe, viele Länder werden die notwendigen Änderungen vornehmen, um von der Liste runterzukommen", sagt sie. "Im Idealfall ist sie irgendwann leer."

Jourovás Liste führt jene Länder auf, die in den Augen der EU-Kommission zu wenig gegen Geldwäsche tun und auch zu wenig dafür, Terroristen den Geldhahn zuzudrehen. Sie umfasst Staaten von A wie Afghanistan bis Y wie Yemen. Die Aufnahme auf die Liste hat für die Länder bis auf den Imageschaden zwar keine unmittelbaren Konsequenzen - "Das ist keine Sanktionsliste", sagt Jourová. Banken in der EU müssen bei Geschäften mit diesen Ländern aber gründlicher prüfen, ob Geld aus dubiosen Quellen im Spiel ist. "Europa darf keine Waschmaschine sein für schmutziges Geld, das Terror und Verbrechen finanziert", sagt die EU-Kommissarin.

Auch Zypern und Malta gelten als anfällig für Geldwäsche, fehlen aber auf der Liste

Bereits zuvor gab es in der EU eine solche "Schwarze Liste" - die umfasste aber nur zwölf Länder: jene, die auch auf der Liste der Financial Action Task Force (FATF) stehen. Die zwischenstaatliche Anti-Geldwäsche-Organisation gibt seit 1990 Empfehlungen für die Eindämmung illegaler Geldtransaktionen. Für ihre Liste hat sich die EU-Kommission auf eine eigene Erhebung verlassen und strengere Regeln angewandt. Faktoren für die Bewertung sind nun zum Beispiel auch, ob Geldwäsche in den jeweiligen Ländern unter Strafe steht, oder ob Informationen über die Eigentumsverhältnisse von Firmengeflechten abrufbar sind. Nach diesen Kriterien hat die EU-Kommission 54 Staaten untersucht, von denen nun 23 auf der Liste gelandet sind - darunter etwa mehrere Außengebiete der USA wie Guam oder Puerto Rico, aber auch Panama und Saudi-Arabien, die auf der Liste der FATF fehlten. Bevor die neue Schwarze Liste angewendet werden kann, haben die Mitgliedstaaten und das Parlament einen Monat Zeit, die Länderliste zu prüfen.

Um ihre Zusammenstellung war bis zuletzt gerungen worden, auch im Rat der Mitgliedstaaten. So war die zur Präsentation der Liste anberaumte Pressekonferenz noch am Mittwochvormittag kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen worden; bis den Journalisten dann wenige Minuten später doch wieder eine Einladung zuging. Mehrere Medien hatten vorab berichtet, auch Deutschland hätte sich gegen die Aufnahme bestimmter Länder auf die Liste ausgesprochen. Die Bundesregierung wies diesen Vorwurf zurück: "Wir haben uns nicht dafür eingesetzt, dass bestimmte Länder nicht auf diese Liste kommen", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Man lege aber Wert darauf, dass das Verfahren transparent und für die betroffenen Länder auch nachvollziehbar sei.

Auch die USA kritisieren das Verfahren: man habe keine ausreichende Gelegenheit gehabt, die Aufnahme ihrer Territorien auf die Liste mit der Europäischen Kommission zu diskutieren, heißt es in einer Mitteilung des US-Finanzministeriums. Dass die Liste nun in dieser Form veröffentlicht wurde, sei ein "Zeichen für politischen Mut", sagte der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. "Die EU-Kommission hat dem enormen Lobbydruck mancher Regierungen standgehalten." Die Liste sei "ein echter Fortschritt". Allerdings fehlten Länder wie Russland und Orte wie London. Außerdem forderte er die Kommission auf, die Bewertungen der einzelnen Länder öffentlich zu machen. Sonst müsse sich die Behörde "den Vorwurf gefallen lassen, dass die Liste das Ergebnis eines politischen Kuhhandels ist", sagte Giegold.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber bezeichnete es als überfällig, dass "der Namensgeber der Panama Papers endlich auf die Schwarze Liste" komme. "Die einzige Sprache, die Länder wie Panama und Saudi-Arabien bei diesem Thema verstehen, ist Druck." Der finanzpolitische Sprecher der Linken im EU-Parlament Martin Schirdewan kritisierte aber, dass die Kommission nicht auch EU-Länder untersucht habe.

So gelten Zypern und Malta als anfällig für Geldwäsche. Zuletzt kamen auch Estland und Lettland in die Schlagzeilen, nachdem bekannt wurde, wie Banken dort Geld aus Russland mutmaßlich gewaschen haben. Die dänische Danske Bank soll über ihre Tochter in Estland etwa 200 Milliarden Euro aus Russland in die westlichen Finanzmärkte kanalisiert haben - das meiste Geld davon gilt als verdächtig. Vor allem kleine EU-Staaten gelten als Einfallstore für illegale Geldströme. Einmal in der EU angekommen, können diese Gelder dann häufig ohne große Kontrolle nach Zentraleuropa weiter überwiesen werden.

Die EU versteht sich als gemeinsamer Rechtsraum, dessen Mitglieder darauf vertrauen, dass jeder Staat verdächtige Zahlungseingänge bei Banken auf Geldwäscheverdacht prüft. Das juristische Korsett dazu bildet die Geldwäscherichtlinie. Allerdings haben die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie viele Freiheiten. Zudem fehlt gerade kleinen Staaten häufig Personal zur Geldwäschebekämpfung; manche Prüfer berichten sogar von Bedrohungen durch Kriminelle.

Außerdem halten viele Regierungen die vorgeschriebenen Zeitpläne nicht ein. So sollte die geltende Vierte Geldwäscherichtlinie bereits seit 2017 in der ganzen EU umgesetzt sein. Doch auch Deutschland hinkt hinterher, zusammen mit neun anderen Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission hat deshalb kürzlich Vertragsverletzungsverfahren gegen die säumigen Staaten eingeleitet. Bei der EU-Kommission ist man besorgt: Die jüngsten Geldwäscheskandale in der EU hätten gezeigt, dass es von entscheidender Bedeutung sei, die Vorschriften rechtzeitig und ordnungsgemäß umzusetzen. Nur so ließen sich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wirksam bekämpfen. Lücken bei der Umsetzung in einem Mitgliedstaat könnten Auswirkungen auf alle anderen Mitgliedstaaten haben.

© SZ vom 14.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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