Mit nur 136 Zeichen bewegte Donald Trump am Nikolaustag 2016 die Börsen. Mit einem Preis von mehr als vier Milliarden Dollar sei die Präsidentenmaschine Airforce One des Luftfahrtherstellers Boeing "völlig überteuert", echauffierte sich Trump auf Twitter. "Auftrag stornieren!". Vorbörslich sackte die Boeing-Aktie kurzzeitig um fast zwei Dollar ab.
Der US-Präsident ist nun 400 Tage im Amt, und findige Finanzexperten haben längst Wege gefunden, mit Trumps Tweets und seiner Politik an der Börse Geld zu machen. Schlaue Computerprogramme machen in Sekundenschnelle Kasse, wenn Rüffel des US-Präsidenten Aktienkurse in die Tiefe schicken. Und Vermögensverwalter legen Fonds auf, deren Aktien von Trumps Politik profitieren sollen.
Was lustig klingt, ist eine ernsthafte Anlagestrategie. 2017 ergab eine Umfrage der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management unter ihren Mitgliedern, dass Politik die Börsen heute stärker beeinflusst als früher. Die Mehrheit der Befragten berücksichtigt politische Entscheidungen bei ihren Investments nun stärker. Auch der Datenanbieter Bloomberg weiß, dass professionelle Händler Trumps Tagewerk genau verfolgen. "Unsere automatische Benachrichtigung bei Trump-Tweets ist eine der beliebtesten, die wir je kreiert haben", sagt Bloomberg-Manager Ted Merz. Kunden aus der Finanzindustrie seien verrückt danach.
Die US-Technologiefirma The Think Tank entwickelte zum Beispiel ein Computerpogramm, das Trumps Tweets automatisch nach Namen börsennotierter Unternehmen durchsucht. In einem zweiten Schritt analysieren Algorithmen, ob das Unternehmen in einem positiven Kontext erscheint ("großartige Investition", "Danke, Walmart") oder in einem negativen ("furchtbar", "erbärmlich"). Kritisiert Trump das Unternehmen, reagiert das Programm in Sekundenbruchteilen und wettet auf einen fallenden Aktienkurs. Als sich der Präsident per Twitter zum Beispiel auf die Fluglinie Delta Airlines einschoss, gab deren Aktienkurs nach - und verschaffte der Technologiefirma nach eigenen Angaben 4,47 Prozent Gewinn.
Das Modell des Unternehmens macht Schule, inzwischen nutzen offenbar auch Börsenhändler die Idee. "Wir hatten Fälle, in denen wir die Trump-Tweets direkt in die Handelsalgorithmen unserer professionellen Kunden eingespeist haben, die dann Handelsaufträge ausführen", sagt Bloomberg-Manager Merz. Die Profis brauchen schnelle Rechner: Meist erholen sich die Kurse nach negativen Trump-Tweets binnen weniger Minuten.
Andere Finanzexperten setzen im Gegensatz dazu auf Unternehmen, deren Aktienkurs Trump mit seiner Politik langfristig beeinflussen dürfte. So pickten sich die Fondsmanager des Anbieters Eventshares für ihren "Republican Policies Fund" solche Titel heraus, die wie Ölfirmen von Trumps Energiepolitik profitieren dürften oder wie Baukonzerne von geplanten Infrastrukturausgaben. Seit seinem Start im Oktober legte der Fonds um elf Prozent zu, während der breite Index S&P 500 nur um knapp sechs Prozent stieg.
Die politischen Anlagestrategien funktionieren allerdings nicht immer: Als Trump über Twitter die Kaufhauskette Nordstrom kritisierte, weil sie eine Modekollektion seiner Tochter Ivanka aus dem Sortiment nahm, fielen die Kurse des Unternehmens nicht. Sie stiegen. Und ein zweiter Republikaner-Fonds konnte den breiten Markt nicht schlagen. Der Fonds mit dem klingenden Kürzel MAGA ("Make America great again", Trumps Wahlkampfspruch) investiert in Unternehmen, die über Spendenkomitees die Republikaner finanziell unterstützt haben. Er legte seit seinem Start im September um etwa zehn Prozent zu, genauso viel wie der S&P 500. Vielleicht gibt es also nur eine Parallele zwischen den Märkten und Trump: Sie sind unvorhersehbar.