Gekürzte Manager-Bezüge:Strafe nach Belieben

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Die neuen Spielregeln für Managergehälter funktionieren noch nicht. Was fehlt, sind messbare Kriterien für erfolgreiche Führung.

Kristina Läsker

Der Chiphersteller Infineon wagt den Tabubruch: Als erster deutscher Konzern will die gebeutelte Münchner Firma ihrem einstigen Chef Wolfgang Ziebart nachträglich die Pension kürzen. Der Grund: Infineon hatte nach Ziebarts Abgang hohe Verluste gemacht. Möglich wird der Griff nach dem Ruhegeld durch das neue, umstrittene Gesetz zur Managervergütung. Bis zu drei Jahre nach deren Ausscheiden dürfen Aufsichtsräte demnach ihren Ex-Topmanagern die Altersbezüge kürzen, wenn sich die Lage des Konzerns verschlechtert hat.

Ich-AG? Von wegen: Manager sollen stärker in die Pflicht genommen werden. (Foto: Foto: dpa)

Grundsätzlich will das Gesetz das Richtige: Es ist nötig, dass leitende Manager stärker in die Pflicht genommen werden für ihre Taten. Dass sie also weiterhin einen kräftigen Bonus erhalten für sehr gute Leistungen - und dass sie darüber hinaus einen spürbaren Malus für falsche oder ungünstige Entscheidungen hinnehmen müssen, wie es der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy für Bankangestellte fordert.

Der Streit über gierige Banker hat gezeigt, wie notwendig es ist, Boni nicht sofort zu verteilen, sondern erst nach ein paar Jahren, wenn wirklich klar ist, ob der Erfolg des Unternehmens von Dauer war. Nur dann werden Entscheidungen nachhaltiger ausfallen und Manager sich weniger an den kurzzeitigen Ausschlägen eines Kurses orientieren.

Doch am Fall Ziebart zeigt sich eine Schwäche des neues Gesetzes. Ganz unabhängig davon, ob der Ex-Infineon-Chef schlecht gewirtschaftet hat: Wer legt denn fest, wann sich die Lage einer Firma so dermaßen verschlechtert hat, dass eine nachträgliche Kürzung der Altersbezüge und Gehälter angemessen ist? Was ist, wenn ein Manager alles richtig gemacht hat und er von einer Krise ungeahnten Ausmaßes überrascht wird? Das Gesetz ist vage und erlaubt weit reichende Interpretationen.

Kontrolleure und Vorstände deutscher Firmen sollten sich daher schnell auf messbare Kriterien für erfolgreiche Führung verständigen. Das ist vielerorts noch nicht geschehen, weshalb nun die Unternehmen beinahe nach Belieben entscheiden können - und sie auch all jenen Topmanagern das Gehalt kürzen dürfen, deren Ex-Firmen vor allem durch die Krise in Not geraten sind.

So sehr es auch der schnelle Reflex wäre, mit Managern abrechnen zu wollen, die viel riskiert haben: Wenn sie nicht kriminell gehandelt haben, sollte auch bei ihnen kein Gesetz rückwirkend angewendet werden. Für die Zukunft aber sollten sie neuen Regeln unterworfen werden.

© SZ vom 29.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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