Camdessus wird "Boni-Zar":Frankreich feiert den Boni-Pranger

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Ein Pranger für Top-Banker, scharfe Kontrollen - und ein prominenter Aufseher: Frankreich prescht in der Boni-Debatte vor. Folgen die anderen Staaten dem "tugendhaften Weg"? Bundesfinanzminister Peer Steinbrück will offenbar mitziehen.

Nicolas Sarkozy macht Ernst: Die erste Amtshandlung des französischen Präsidenten nach den Sommerferien hat schwerwiegende Folgen für die Finanzwelt des Landes. Neben härteren Regeln für die Banker plant Frankreich die Einführung eines Boni-Prangers, eine Liste der 100 Börsenmakler mit den höchsten Einkommen.

Michel Camdessus, ehemaliger Chef des Internationalen Währungsfonds soll die schärferen Bonus-Regeln in Frankreich beaufsichtigen. (Foto: Foto: Reuters)

Überwachen soll das Ganze der ehemalige Direktor des Internationalen Währungfonds (IWF), Michel Camdessus. Der 76 Jahre alte Ökonom wird im Auftrag der französischen Regierung als "Boni-Zar" den Bankern auf die Finger schauen. Mit dieser Finanzreform will Nicolas Sarkozy das Treiben der französischen Banker stärker kontrollieren und dem Boni-Wahn, der auch die französische Finanzwelt beschäftigt, Grenzen setzen. "Es gibt keinen Bonus ohne Malus", sagte Sarkozy nach einem Treffen mit den wichtigsten Bankiers des Landes. Deutlicher wurde Wohnungsstaatssekretär Benoist Apparu. Es dürfe angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit und der Wirtschaftskrise nicht sein, "dass sich die Bankiers die Taschen vollstopfen".

Ein Großteil der Boni soll künftig nur noch mit zeitlichem Verzug gezahlt werden, damit zwischenzeitliche Malus-Bewertungen einbezogen und die Bonuszahlungen reduziert werden können. Die französische Regierung werde mit Banken, die "diese Regeln nicht einhalten, nicht mehr zusammenarbeiten", kündigte Sarkozy an.

Verbindliche Regeln für alle

Harte Worte, ein Bonus-Pranger, ein prominenter Aufseher - und dennoch regt sich in Frankreich kein Widerstand. Im Gegenteil. Prompt kündigte Baudouin Prot, der Chef der Großbank BNP Paribas, an, die Boni-Rücklagen von einer Milliarde auf 500 Millionen Euro zu halbieren. Und auch die Inlandspresse frohlockt: Vom "tugendhaften französischen Weg" spricht die Zeitung République du Centre aus Orléans und die nordfranzösische Zeitung Le Courrier Picard kommentiert: "Die Öffentlichkeit ist erbost über die großartige Bezahlung der Finanzhändler. Für Nicolas Sarkozy geht es darum, dem Zauber endlich ein Ende zu bereiten."

Eine Frage jedoch bleibt: Geht Frankreich den besagten "tugendhaften Weg" alleine - oder folgen andere Länder? Bereits im Oktober mahnte der neue Bonus-Zar Camdessus in einem Interview mit der Tageszeitung La Croix "weltweite Regeln" für die Finanzbranche an - und auch Präsident Sarkozy will sich beim Gipfeltreffen der G-20-Staaten im September für international verbindliche Regelungen bei den Bonuszahlungen einsetzen.

Auch der deutsche Finanzminister möchte das Thema beim Treffen in Pittsburgh thematisieren. "Das ist in Arbeit", sagte Peer Steinbrück (SPD) dem Handelsblatt. "Ich habe mit meiner französischen Kollegin gerade vereinbart, dass wir unseren britischen Gastgeber bitten, das Thema Boni beim nächsten Treffen auf die Tagesordnung zu setzen." Hier seien auch internationale Vereinbarungen nötig.

Wie stark der Einfluss des französischen "Boni-Zars" sein wird, bleibt jedoch unklar. Sein Aufgabengebiet ist betont vage gefasst. Dass Michel Camdessus großen Gestaltungswillen besitzt, hatte er nach dem Ende seiner Amtszeit als IWF-Chef betont. "Ich hatte die Hoffnung, ein Architekt sein zu können, doch dann war ich lediglich ein Feuerwehrmann", sagte damals ein sichtlich enttäuschter Michel Camdessus. Bleibt abzuwarten, ob er in seiner neuen Aufgabe Architekt sein wird - oder er nur Feuerwehrmann bleibt.

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