Gehälter:Schön verdient mehr - unverdient

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In Großbritannien, hier London, sind der Studie zufolge keine Gehaltsunterschiede aufgrund des Aussehens nachweisbar. (Foto: AP)
  • Gutaussehende Menschen verdienen einer Studie zufolge bis zu 20 Prozent mehr - egal ob sie mehr können als Kollegen oder nicht.
  • Einerseits wird ihnen von Chefs und Kunden mehr zugetraut, andererseits treten sie auch selbstbewusster auf.
  • Die Autorin der Studie fordert deshalb Bewerbungen ohne Fotos und Trainings für Arbeitnehmer.

Von Alexander Hagelüken, München

Schönheit zieht mehr als Ochsen, behauptet ein britisches Sprichwort. Wie eine neue Studie nahelegt, ist das mehr als ein Spruch. Wer gut aussieht, hat demnach bessere Chancen auf einen Job - und er (oder sie) verdient bis zu 20 Prozent mehr als der Durchschnitt. Dieser Schönheitsaufschlag fällt in Deutschland besonders hoch aus, schreibt die Ökonomin Eva Sierminska, die die Forschung in diesem Bereich durchwühlte.

Die Unterschiede zwischen den Ländern sind immens

Kann das wirklich stimmen? So mögen Skeptiker fragen. Die einschlägige Literatur präsentiert zahlreiche Belege. So stuften Interviewer bei einer großen Umfrage in Deutschland fast die Hälfte der hoch bezahlten Manager und anderen Führungskräfte in Staat und Wirtschaft als sehr gut aussehend ein - aber weniger als ein Viertel der Arbeiter und Bauern. Bemerkenswert ist, dass der Beauty-Bonus offenbar in Deutschland und China mit bis zu 20 Prozent (für Frauen) besonders hoch ist, während er in Brasilien oder den USA niedriger ausfällt und sich in Großbritannien gar nicht nachweisen lässt. Warum die Unterschiede zwischen den Ländern so ausgeprägt sind, erklärt Sierminska lediglich dürr mit "unterschiedlichen Kulturen" auf den Arbeitsmärkten.

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Der Fokus der Forscherin liegt auf den grundsätzlichen Ursachen, warum gutes Aussehen zu mehr Verdienst führt. Weil Arbeitgeber sie für produktiver und fähiger halten. Sierminska kennzeichnet diese Ansicht in ihrem Papier für das Bonner IZA-Institut ausdrücklich als Klischee, das die individuellen Qualifikationen der Beschäftigten ignoriere.

Mehr Zutrauen, mehr Selbstvertrauen

Klischee oder nicht, es wirkt: Gut Aussehende werden öfter zu Bewerbungsgesprächen eingeladen und hinterher häufiger angerufen als andere Kandidaten. Offenbar hält man sie auch für sozial angenehmer, entgegen dem im Alltag reichlich belegten Vorkommen zickiger Schönheiten. Attraktive profitieren also von Klischees, die keinem Realitätstest standhalten. Zu rechtfertigen ist ihre Bevorzugung laut Studie nur in Berufen, in denen man viel mit dem Kunden zu tun hat: Hübsche Verkäufer oder Kosmetikerinnen kommen besser an.

Es gibt aber noch andere Gründe, warum Schönheiten mehr verdienen: Sie treten selbstbewusster auf, trauen sich mehr zu. Und sie streben gezielt in besser bezahlte Jobs. So zeigte eine Untersuchung von Juristenkarrieren in den USA, dass attraktive Arbeitnehmer überdurchschnittlich oft aus dem öffentlichen Dienst in die besser bezahlte Privatwirtschaft wechseln.

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Anonyme Bewerbungen könnten helfen

Der Beauty-Effekt beginnt bereits früh. So neigen Lehrer dazu, hübsche Schüler zu bevorzugen, die dann wiederum häufiger an sozialen und sportlichen Aktivitäten teilnehmen, die Qualifikationen wie Teamgeist und Selbstvertrauen fördern. "So wird bereits in jungen Jahren der Grundstein für die späteren Arbeitsmarktvorteile gelegt", erklärt Sierminska, und es klingt wie Kritik.

Was also tun? Die Forscherin hat konkrete Vorschläge, wie weniger gut Aussehenden zu helfen ist, die am Arbeitsmarkt unverdiente Nachteile haben. Erstens will sie die Fotos bei Bewerbungen abschaffen, damit nicht das Gesicht darüber entscheidet, wer eingeladen wird. Und zweitens rät sie, selbst etwas zu tun: Weil es keinen universellen Schönheitsstandard gibt, lässt sich durch Kleidung, Styling und Charme einiges herausholen. Firmen könnten also ihre Mitarbeiter mit entsprechenden Schulungen dabei unterstützen, besser bei Kunden anzukommen, die für Äußerlichkeiten bezahlen.

© SZ vom 21.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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