Gashersteller:Führungskrise bei Linde

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Wolfgang Büchele hat bei Linde keine Zukunft mehr. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Nach der gescheiterten Fusion gehen sowohl Vorstandschef Büchele als auch der Finanzvorstand - wer die Nachfolge übernehmen soll, ist ungeklärt.

Von Caspar Busse, München

Harte Zeiten bei Linde: Nach der gescheiterten Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair steckt die Traditionsfirma nun in einer Führungskrise. Der amtierende Vorstandsvorsitzende Wolfgang Büchele, 57, werde seinen bis April 2017 laufenden Vertrag nicht verlängern, teilte der Industriegase-Hersteller am Dienstag per Ad-hoc-Meldung mit. Wer sein Nachfolger werden könnte, ist unklar. Linde stellt Spezialgase aller Art her und ist einer der größten Anbieter weltweit.

Kurz zuvor hatte am Dienstag bereits Finanzchef Georg Denoke mit sofortiger Wirkung sein Amt aufgegeben. Dessen Aufgaben übernimmt Linde zufolge kommissarisch Sven Schneider, der bisherige Abteilungsleiter Konzernfinanzen. Die Aktien des Unternehmens bauten ihre Kursgewinne nach Bekanntgabe der Personalien aus und notierten zunächst mehr als fünf Prozent im Plus. Damit sind nun zwei Schlüsselpositionen offen, die Nachfolgesuche soll jetzt erst beginnen, hieß es.

Erst am Montag hatte Linde überraschend das Scheitern der Fusionsgespräche mit Praxair bekannt gegeben. Die Amerikaner hatten unter anderem gefordert, dass die neue Konzernzentrale in den USA sein sollte. Auch Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Deutschland seien in Gefahr gewesen. Deshalb hat sich Linde-Chef Büchele zu einer Absage der Verhandlungen entschlossen, dafür übernimmt er jetzt offenbar auch die Verantwortung. Wolfgang Reitzle, 67, Bücheles Vorgänger und seit Mai Aufsichtsratsvorsitzender bei Linde, hatte ihn bei der Entscheidung gegen Praxair unterstützt, hieß es.

Die jüngste Entwicklung ist der Höhepunkt eines schon lange schwelenden Machtkampfes bei Linde. Reitzle, der von 2003 bis 2014 als Vorstandsvorsitzender amtierte, war nach der gesetzlich vorgeschriebenen zweijährigen Wartezeit erst vor einigen Monaten an die Spitze des Aufsichtsrats zurückgekehrt. Er hatte aber schon zuvor seinen Nachfolger Büchele kritisiert. Reitzle machte sich Sorgen um die Zukunft von Linde, er hatte den Konzern in seiner Amtszeit grundlegend umgebaut. Büchele, ein ehemaliger BASF-Manager war im Mai 2014 ins Amt gekommen und musste bald die Prognosen nach unten revidieren. Außerdem verlor Linde seine Weltmarktführerschaft an den französischen Konkurrenten Air Liquide. Reitzle versucht offenbar schon seit längerem, hinter den Kulissen die Fäden zu ziehen.

"Ganz klar, das Unternehmen lenke ich, hatte Büchele der SZ noch im Mai zur Kritik von Reitzle gesagt. Es gebe keine Konfrontation. Er treffe sich mit Reitzle "zur Diskussion, und nicht zum Rapport", so Büchele selbstbewusst. Das aber konnte Reitzle nicht gefallen. Die jetzt gescheiterte Fusion mit Praxair soll vor allem Reitzle betrieben haben. Er hätte auch neuer Chef des Verwaltungsrats des fusionierten Konzern werden sollen, den Vorstandsvorsitz sollte eine Amerikaner übernehmen. Für Büchele wäre dagegen kein Platz mehr gewesen. Nun ist das Geschäft geplatzt, und Büchele muss trotzdem gehen.

Auch innerhalb des Vorstands gab es Ärger. Die Chemie zwischen Büchele und Denoke soll gar nicht gestimmt haben. Zuvor schon war Linde-Vorstand Thomas Blades ausgeschieden und als Vorstandschef zu Bilfinger gewechselt. Nun ist das Chaos jedoch komplett. Reitzle muss einen neuen Finanzvorstand finden und einen Vorstandschef. Büchele jedenfalls dürfte nun nur noch als "lame duck" gelten. Linde braucht aber schnell eine neue Strategie und neues Personal.

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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