Gamescom:Der Griff zum Harmlosen

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Zwölf Millionen Deutsche vergnügen sich an PC, Handy oder Konsole. Bei den Spielen haben die Gamer klare Vorlieben.

Caspar Dohmen

Dieser Raum steht für den Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungswirtschaft. In der 13. Etage des in Köln-Deutz gelegenen Hochhauses hatte in den siebziger Jahren der Manager Hajo Neukirchen sein riesengroßes Chefbüro, als dieser den Motorenbauer KHD leitete.

Auf der Games Convention vergnügen sich 2008 junge Computerspieler. In diesem Jahr ist die Leitmesse der Branche nach Köln gezogen. (Foto: Foto: dpa)

Am Mittwoch diente der holzgetäfelte Saal als Schaufenster für die größte europäische Computerspiele-Messe, die vom 19. bis 23. August erstmals in Köln stattfindet. Leipziger Messemacher haben das Format vor einigen Jahren erfunden als die digitalen Spiele noch ein Hobby für wenige waren.

Der Ortswechsel markiert den Wandel zum Massenmarkt: Heute gibt es in Deutschland bereits genauso viele Gelegenheitsspieler wie eingefleischte Fans, jeder vierte Bürger vergnügt sich schon spielend am PC, Handy oder der Spielekonsole - in Großbritannien ist es jeder zweite Bürger. Auch deswegen geht die Branche für Deutschland von einem weiterem Wachstum aus, 2010 soll es bereits wieder zweistellig sein.

Nachfrage nach PC-Spielen blieb ungefähr gleich

Im ersten Halbjahr gab es aber erst einmal einen Dämpfer: Der Absatz stieg um zwei Prozent auf 24,8 Millionen Spiele, der Umsatz gerade um ein Prozent auf 648 Millionen Euro. Die Nachfrage nach PC-Spielen blieb ungefähr gleich, der Absatz im Bereich mobiler Konsolen wie der Playstation oder Nintendo ging um 13 Prozent zurück.

"Es war klar, dass das starke Wachstum der vergangenen Jahre irgendwann langsam zum Ende kommen würde", sagte Olaf Wolters, Chef des Branchenverbandes BIU. Bis zum Jahresende erwartet er ein Umsatzplus von drei bis fünf Prozent auf mehr als 1,6 Milliarden Euro. Traditionell machen die Hersteller etwa 40 Prozent ihres Geschäfts vor Weihnachten.

Ob dies erneut gelingt dürfte davon abhängen, wie die Neuheiten der Spielemesse ankommen. Bislang seien mehr als hundert Welt-, Europa- oder Deutschlandpremieren von Spielen angekündigt, sagte der Geschäftsführer der Kölnmesse, Oliver Kuhrt, der mehr als 200.000 Besucher erwartet.

Zwölf Millionen Spieler

Die zwölf Millionen Spieler hier zu Lande geben im Schnitt rund 90 Euro für ihr Hobby aus. "Tendenz steigend", sagt Wolters. Sie greifen meist zu harmloser elektronische Unterhaltung. Rund 80 Prozent aller in Deutschland verkauften Computerspiele seien freigegeben für Altersklassen bis zwölf Jahre. Dabei seien 60 Prozent der Spieler älter als 18 Jahre.

Im Bereich der Angebote für Erwachsene seien etwa fünf Prozent geeignet, Nutzer zu "exzessivem Spielen" zu verleiten, räumte Wolters ein. Es sei aber nicht erforscht, ob der Suchtfaktor eher im Spiel oder im Spieler angelegt sei.

Wolters kritisiert, dass die meisten Politiker in Deutschland bei digitalen Spielen automatisch an Jugendschutz, aber viel zu selten an Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze denken würden. Er hätte sich den "ein oder anderen Euro aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung" für die Branche gewünscht, sagte er und verwies auf die kanadische Regierung, welche die heimische Spieleindustrie mit einem dreistelligen Millionenbetrag fördere.

Mangel an qualifizierten IT-Kräften

Als Handicap erweist sich für die Branche in Deutschland zunehmend der Mangel an qualifizierten IT-Kräften. Zehntausende Stellen sind unbesetzt, weswegen einige Firmen schon Mitarbeiter im Ausland anwerben. Wolters hält außerdem die deutschen Steuergesetze für immaterielle Dienstleistungen wie der Entwicklung von Spielen für einen gravierenden Standortnachteil. Besonders viele Entwickler arbeiten in Kanada, Frankreich und Großbritannien.

In Deutschland gibt es etwa 500 Unternehmen in der digitalen Spieleindustrie. Das Paderborner Institut für Medienwissenschaft schätzt die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Menschen auf rund 12.000 Menschen. Hinzu kommen rund 20.000 freie Mitarbeiter.

© SZ vom 13.08.2009/cf/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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