G-20-Staaten und die Finanzreform:Erzwungene Geschlossenheit

Lesezeit: 2 min

Unterschiedliche Länder, unterschiedliche Interessen: Bei der Reform der internationalen Finanzmärkte tun sich die G-20-Staaten schwer.

Cerstin Gammelin

Zu Beginn des zweitägigen Finanzministertreffens der G-20-Staaten an diesem Freitag war die Verhandlungslage reichlich verworren. Eigentlich sollten die Schatzmeister der 20 weltweit größten Volkswirtschaften auf ihrer Tagung in London die Abschlusserklärung ihrer Regierungschefs vorbereiten, die diese in zwei Wochen auf dem Weltfinanzgipfel im amerikanischen Pittsburgh unterschreiben wollen. Erklärtes Ziel ist es, die Finanzmärkte soweit zu reformieren und zu stabilisieren, dass Krisen wie die derzeitige künftig unmöglich werden.

Demonstranten mit Masken der Staats- und Regierungschefs prangern in London vor dem G-20-Treffen die Dominanz des Geldes an. (Foto: Foto: AP)

Offensichtlich ist diese gemeinsame Erklärung schwer vorzubereiten. Schon die europäischen G-20-Staaten hatten im Vorfeld trotz eines Sondertreffens der Finanzminister Mühe, eine gemeinsame Linie zu finden. Es bedurfte erst eines Briefes der Regierungschefs aus den drei großen EU-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien, um Geschlossenheit zu demonstrieren. Die Briten allerdings fehlten einen Tag später, als sieben europäische Finanzminister, aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Schweden, Luxemburg und den Niederlanden, die G-20-Staaten in einer schwedischen Zeitung aufriefen, Bonus-Garantien für Bankmanager für länger als ein Jahr zu untersagen.

Der innereuropäische Streit dreht sich seit Tagen lautstark um die künftige Gestaltung von Bonuszahlungen an Bankmanager. Bereits auf dem G-20-Treffen in London im April hatten sich die Regierungschefs darauf verständigt, die Vergütungen für Manager künftig stärker von der Leistung und dem mittelfristigen Erfolg des Unternehmens am Markt abhängig zu machen.

Eine Frage der Überwachung

Frankreichs Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy ging der Beschluss nicht weit genug. Paris will die variablen Vergütungsanteile grundsätzlich begrenzen. Kanzlerin Angela Merkel unterstützt diesen Vorschlag. Auf dem Sondertreffen der Finanzminister am vergangenen Mittwoch fand der deutsch-französische Vorstoß allerdings keine Mehrheit, weil der britische Premier Gordon Brown sich gegen die allgemeine Beschränkung sperrte.

Doch daran dürfte die Stabilisierung der Finanzmärkte nicht scheitern. Denn die Europäer einschließlich der Briten einigten sich auf eine grundsätzliche Reform der Vergütungsstrukturen von Bankmanagern, die sie nun in Pittsburgh durchsetzen wollen. EU-Diplomaten gehen davon aus, dass es schwer sein wird, die USA von den europäischen Vorschlägen zu überzeugen.

Zudem hängt die Stabilisierung des internationalen Finanzsektors keineswegs vor allem davon ab, ob Bonuszahlungen künftig strikt begrenzt werden. Neue Vergütungsstrukturen sind vielmehr nur ein Teil der Reform. Wichtiger wird sein, ob sich die G-20-Staaten in Pittsburgh auf verbindliche Instrumente einigen können, mit denen die internationalen Finanzmärkte effizient überwacht und reguliert werden können.

Verworrene Lage

Dort ist die Lage ähnlich verworren. Die Europäer wollen den Banken vorschreiben, grundsätzlich mehr Eigenkapital vorzuhalten und damit das Risiko von Finanztransfers zu senken und Spekulationgeschäfte unmöglich zu machen. Die Amerikaner waren bisher zögerlich. In den USA sind noch nicht einmal die Eigenkapitalvorschriften, die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht aufgestellt wurden, ausreichend umgesetzt worden. Eigentlich müssen die Eigenkapitalanforderungen seit 2007 angewendet werden.

Allerdings hat US-Finanzminister Timothy Geithner angekündigt, einen Vorschlag zu strengeren internationalen Standards für die Kapitalreserve der Banken mit nach London zu bringen. In einem 14-seitigen Plan fordert er höhere Kapitalbehalte für Unternehmen, deren Größe und Verflochtenheit im Krisenfall eine Gefahr für die gesamte Stabilität des Finanzsystems darstellen. Einigen müssen sich die G-20-Staaten zudem auf einheitliche Aufsichtsstandards für Banken. Die EU will einheitliche Regeln für den Fall schaffen, dass systemische Banken abgewickelt werden müssen, ohne das gesamte Finanzsystem zu erschüttern.

Um die Europäer nochmals auf eine Linie zu einigen, hat die schwedische EU-Ratspräsidentschaft eine Woche vor dem Treffen in Pittsburgh zu einem Sondergipfel nach Brüssel eingeladen. Es werde unter anderem um Beschränkungen von Bonuszahlungen für Banken-Manager gehen, sagte schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt in Stockholm. Reinfeldt betonte allerdings, die Union berate auch über Wege aus der Wirtschafts- und Finanzkrise sowie über ein neues internationales Klimaschutzabkommen. Die Europäische Union müsse international mit einer Stimme sprechen können.

© SZ vom 05.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: