Führungswechsel bei SAP:Apotheker muss gehen

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Wechsel bei Europas größtem Softwarehersteller SAP: Léo Apotheker tritt überraschend als Vorstandschef zurück. Künftig wird das Unternehmen von einer Doppelspitze geführt.

D. Deckstein und T. Riedl

Einem Eklat kommt gleich, was Europas größter Softwarekonzern SAP am Sonntagabend verkündete: Der Vorstandschef Léo Apotheker verlässt das Unternehmen mit sofortiger Wirkung, seine Nachfolge tritt eine Doppelspitze an, bestehend aus den Vorstandsmitgliedern Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe.

Verlässt überraschend das Unternehmen: Vorstandschef Léo Apotheker (Foto: Foto: ddp)

Überraschend teilte das Unternehmen mit, der Aufsichtsrat habe den Vertrag von Vorstandssprecher Léo Apotheker nicht verlängert, worauf Apotheker sofort sein Mandat niedergelegt habe. Apotheker war erst im April 2008 als stellvertretender Vorstandssprecher berufen worden. Er hatte SAP zusammen mit Henning Kagermann bis Mai 2009 in einer Doppelspitze geführt und war seither alleiniger Vorstandssprecher.

Auf Apotheker folgt nun wieder eine Doppelspitze: Der Amerikaner McDermott, 48, und der Däne Hagemann Snabe, 44, übernehmen die Führung. McDermott war bislang Vertriebsvorstand, Snabe oberster Entwicklungschef, beide verkörpern den Wunsch von Aufsichtsratschef und SAP-Mitgründer Hasso Plattner, die Nähe zum Kunden mit den Neuheiten von SAP zu vereinen. McDermott und Snabe wurden erst im April 2008 in den Vorstand des Walldorfer Unternehmens aufgenommen.

McDermott ist seit acht Jahren bei SAP und verantwortete zuvor das Geschäft in den USA. Snabe war vor seiner Vorstandstätigkeit zuständig für die nordische Region und die Branchenlösungen von SAP. Er kennt SAP von Grund auf: 1990 begann er als Trainee in Walldorf. Die beiden gehörten zu den ersten Ausländern im Vorstand von SAP - und sind nun die ersten Nicht-Deutschen an der Spitze des europaweit größten Softwarehauses. Snabe geht es darum, den Kontakt zu den Kunden zu verbessern.

Die Kunden aus den Augen verloren

Der 56-jährige Apotheker hatte als Vorstandschef immer wieder Kritik auf sich gezogen, extern wie intern. So wurde ihm angelastet, er habe die Kunden des Softwarekonzerns aus den Augen verloren. Der Walldorfer Marktführer für Betriebswirtschaftssoftware verdarb es sich im vergangenen Jahr mit zahlreichen Kunden, weil die Wartungsgebühren für die Softwarelizenzen abrupt von 17 auf 22 Prozent des Kaufpreises angehoben werden sollten. In dieser Sache ruderte der Konzern Anfang diesen Jahres zurück. Die Gebühren steigen nun über mehrere Jahre an. Das missfiel aber den Aktionären von SAP, weil der Service einen großen Anteil am Ergebnis eines Softwareherstellers hat.

Auf das Konto von Apotheker, der seit 2002 Vorstandsmitglied ist, geht auch, dass die seit längerem angekündigte Mietsoftware für mittelständische Kunden immer noch nicht auf dem Markt erhältlich ist. Mit zu seiner Demission beigetragen haben dürften aber auch die Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung, die auf einer globalen Mitarbeiterversammlung am 28. Januar bekannt gegeben wurden. Danach sank das Vertrauen der SAP-Beschäftigten in den Vorstand um 15 Prozentpunkte auf nur noch 50 Prozent. In einem seiner letzten Interviews mit der Süddeutschen Zeitung hatte Apotheker zugegeben, dass die Kommunikation des Konzerns in vielerlei Hinsicht wohl zu wünschen übrig gelassen habe.

Plattner spielt auch weiterhin eine große Rolle

SAP betonte ausdrücklich, dass Hasso Plattner, Mitgründer des Unternehmens und Aufsichtsratsvorsitzender, weiterhin eine starke Rolle spielen solle, um die neue Führung in Fragen der Technologie und der Produktentwicklung zu beraten. Schon in den vergangenen Wochen war immer wieder zu hören gewesen, dass das Klima zwischen Apotheker und Plattner belastet gewesen sein soll. "Die Neuaufstellung der Unternehmensspitze soll die Produktinnovationen näher mit den Kundenanforderungen zusammenbringen", sagte Plattner.

Seit Apothekers Antritt hakt es genau in diesen Bereichen: Die Online-Software Business by Design für kleine Mittelständler wurde mehrfach verschoben und soll erst im Laufe dieses Jahres für alle SAP-Kunden zu haben sein. Bis das Programm Geld einbringt, dauert es noch länger. "Das ist ein zusätzliches Geschäftsmodell für uns ab 2011", sagte Apotheker zuletzt. In der Branche hieß es, das Softwarehaus habe das Internet nicht verstanden und den Trend verschlafen, dass Software künftig im Rechenzentrum eines Anbieters läuft, und nicht mehr in dem des Kunden. "Wir haben bei unseren Kunden ein klein wenig Vertrauen eingebüßt", sagte Snabe vor kurzem in einem Interview.

© SZ vom 08.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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