Free-to-Play-Games:Wie kostenlose Mini-Spiele den Markt übernehmen

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Ramponierte Autos schneller reparieren? Wer das will, muss bei "Real Racing 3" bezahlen (Foto: dpa-tmn)

Für Browser, Smartphones oder Tablets gibt es zahllose Spiele, die als gratis beworben werden. Letztlich muss der Nutzer aber trotzdem zahlen. Bei sogenannten Free-to-Play-Spielen kaufen sich Gamer Spielfortschritt oder bessere Ausrüstung. Das birgt Gefahren.

Die Idee klingt verlockend: Statt 50 oder 60 Euro zu investieren, kann man bei Free-to-Play-Titeln erst einmal einfach für lau draufloszocken. Im Netz und auf mobilen Geräten gibt es immer mehr davon, und auch vor der Spielemesse Gamescom in Köln (21. bis 25. August) macht der Trend keinen Halt. Denn die Hersteller wissen: Früher oder später wird der Nutzer zahlen.

Das Free-to-Play-Prinzip hat unterschiedliche Ausprägungen. "Eine genaue Definition gibt es nicht, dafür sind die Modelle zu unterschiedlich", sagt Professor Maic Masuch, der die Arbeitsgruppe Entertainment Computing an der Universität Duisburg-Essen leitet. In manchen Spielen muss der Nutzer etwa für neue Level und Charaktere zahlen, anderswo für schicke virtuelle Klamotten oder bessere Ausrüstung.

Entwickler favorisieren vor allem die Variante, bei der Spieler für ihr Geld Ressourcen erhalten: Spielgeld, Munition oder sogenannte Energie. "Das ist zurzeit das profitabelste Modell" erklärt Masuch. Gut daran für den Spieler: Nicht immer muss er zwangsläufig für eine Ressource zahlen. Sie kann meist auch im Spiel verdient werden. Das dauert natürlich länger als das Zücken der Kreditkarte.

"Zeit oder Geld - irgendetwas muss man immer investieren", sagt Masuch. Offenbar sind immer mehr bereit, zu zahlen: 2012 haben 4,7 Millionen Menschen in Deutschland Geld für virtuelle Zusatzinhalte ausgegeben, eine Million mehr als 2011. Das geht aus Zahlen des Bundesverbands Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) und der GfK hervor. Im Schnitt investiert ein Spieler demnach 48,30 Euro im Jahr. Die Statistik berücksichtigt aber auch Käufe in Bezahlspielen.

Die Mehrheit der Free-to-Play-Titel ist auf mobilen Plattformen zu Hause, es gibt sie aber auch als Browserspiele, in sozialen Netzwerken oder zum Herunterladen. Ganz neu ist zum Beispiel "Plants vs. Zombies 2" von Electronic Arts für iOS und Android. Hier gibt es gegen Bares Spielgeld, das in bessere Waffen investiert wird. Vom gleichen Hersteller kommt "Real Racing 3". Hier verkürzt Geld die Reparaturzeiten virtueller Autos. Sehr beliebt ist "Candy Crush Saga" von King. Für das bunte Puzzlespiel gibt es neue Level, wenn der Spieler Geld bezahlt oder bei seinen Facebook-Freunden Werbung macht. Die zurzeit vielleicht erfolgreichsten Free-to-Play-Spiele sind "League of Legends" von Riot Games und das von Valve entwickelte, sehr ähnliche "Dota 2".

Zwei Fünferteams aus Fantasyfiguren kämpfen darin in einer Arena gegeneinander. Während bei "League of Legends" Spieler echtes Geld bezahlen können, um schneller an ihre Lieblingsfiguren zu kommen, gibt es bei "Dota 2" gegen Geld nur Kostüme für die Helden ohne spielerische Vorteile. "Spieler zahlen für virtuelle Statussymbole", sagt Masuch. "Das ist die Motivation, etwas Besonderes sein zu wollen." Inzwischen funktionieren sogar Spiele, die als klassisches Bezahlmodell gestartet sind, nach dem Prinzip Free-to-Play.

Bei Online-Rollenspielen wie "Der Herr der Ringe Online" oder "Star Wars: The Old Republic" zahlen Spieler zum Beispiel seit einiger Zeit keine monatlichen Gebühren mehr, sondern nur noch für Gegenstände und andere Vorteile im Spiel. Akzeptiert werde das aber nur, wenn der Spieler sich dabei nicht über den Tisch gezogen fühlt, sagt Masuch.

"Problematisch wird es, wenn das Interface so gestaltet ist, dass es mich zu Käufen verleitet, die ich gar nicht machen will." Noch problematischer ist Free-to-Play für Kinder, die gezielt mit Titeln angesprochen werden. "Da gibt es Spiele, wo man Tierwelpen großziehen oder einen Ponyhof aufbauen muss", sagt Barbara Steinhöfel von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. "Da kann mir keiner erzählen, dass sich das an Männer Mitte 30 richtet."

Allzu dreiste Werbeansprache für Zusatzinhalte in Kinder-Onlinespielen hat der Bundesgerichtshof aber gerade verboten (Az.: I ZR 34/12). In vielen Spielen können Kinder nicht ohne weiteres Geld ausgeben. Denn gerade mobile Plattformen fordern meist eine Kreditkarte. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Eltern In-App-Käufe bei iOS sperren und bei Android mit einem Passwort absichern.

Komplizierter wird es bei Browserspielen. "Da kann man oft auch über 0900-Nummern oder per Premium-SMS bezahlen", erklärt Steinhöfel. Das böse Erwachen kommt dann mit der Telefon- oder Handyrechnung. Steinhöfel empfiehlt, in solchen Fällen sofort zu handeln und beim Hersteller Einspruch einzulegen. Aussicht auf Erfolg habe das aber nicht immer: "Da gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen." Auf jeden Fall können Verbraucher aber ihren Festnetz- und Handyprovider kontaktieren und 0900-Nummern sowie Premium-SMS sperren lassen.

© Süddeutsche.de/TobiasHanraths/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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