Die Bundesregierung wird den Finanzämtern nun doch nicht das Recht einräumen, im Fall einer Unternehmenspleite als erste auf die Konkursmasse zugreifen zu dürfen. Nach heftigem Streit mit Justizministerin Sabine LeutheusserSchnarrenberger (FDP) zog Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seine Pläne zurück, das sogenannte Fiskusprivileg wieder einzuführen. Um die Haushaltssanierung nicht zu gefährden, versprach das Justizressort im Gegenzug, Einsparvorschläge im Umfang von 500 Millionen Euro zu unterbreiten.
Gefahr für die Sanierung
Leutheusser-Schnarrenberger hatte der Wiedereinführung des Fiskusprivilegs Anfang Juni bei der Sparklausur des Kabinetts noch zugestimmt, jedoch unmittelbar darauf Vorbehalte geltend gemacht. Sie fürchtete unter anderem, dass die Sanierung insolventer Unternehmen allein daran scheitern könnte, dass der Staat seine Ansprüche zu 100 Prozent geltend macht, während andere Gläubiger, etwa die Banken, zum Forderungsverzicht bereit sind.
Der Konflikt eskalierte, als sich vergangene Woche herausstellte, dass Schäubles Gesetzentwurf nicht nur eine Bevorzugung der Finanzämter, sondern auch der Sozialversicherungen vorsah. In einem Schreiben von Justizstaatssekretärin Birgit Grundmann an ihren Finanz-Kollegen Werner Gatzer hieß es, das Kabinett habe den Finanzminister mitnichten beauftragt, "durch zusätzliche Änderungen im Insolvenzrecht die Ertragslage für den Fiskus und die Sozialkassen zu verbessern".
Vertreter beider Häuser vereinbarten daraufhin am vergangenen Freitag, dass die Koalition auf die umstrittene Gesetzesänderung verzichtet, das Justizministerium aber Einsparvorschläge in gleicher Höhe unterbreitet. Daran werde gearbeitet, sagte ein Sprecher LeutheusserSchnarrenbergers. Details wollte er noch nicht nennen, betonte aber, dass man "noch diese Woche zu einem Ergebnis kommen" werde. Das Kabinett will die im Rahmen des Sparpakets nötigen Gesetzesänderungen am 1. September beschließen.