Firmen und Ethik:Warum so viele Unternehmen ein Nachhaltigkeitsproblem haben

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Für 2030 haben sich die UNO ehrgeizige Ziele gesetzt. So soll es in 14 Jahren keine Armut mehr geben. (Foto: Erico Waga/dpa)
  • Unternehmen bemühen sich nur zögernd um Nachhaltigkeit etwa im Bezug auf die Umwelt und auf Mitarbeiter, wie eine Studie der Rating Agentur Oekom zeigt.
  • Die nachhaltigsten Unternehmen kommen aus Frankreich - dort müssen Vermögensverwalter den CO₂-Fußabdruck ihrer Investments angeben.

Von Aloysius Widmann

Sauberes Wasser für alle, Gleichstellung der Geschlechter, kein Hunger mehr und ein ambitionierter Kampf gegen den Klimawandel: Mit den Sustainable Development Goals (SDG) hat die UN-Generalversammlung im September 17 ehrgeizige Ziele auf einmal beschlossen. Alle UN-Mitglieder sollen sie bis zum Jahr 2030 anstreben; es sind die Leitlinien einer gerechteren, saubereren Welt.

Bis sie erreicht sind, ist es allerdings noch ein weiter Weg, zeigt eine Studie der Rating Agentur Oekom, die der Süddeutschen Zeitung vorab vorliegt. Das Institut bewertet Anlageprodukte und Unternehmen nach Nachhaltigkeitskriterien und hat börsennotierte Firmen in 26 verschiedenen Branchen untersucht: Wie verhält es sich mit dem Beitrag, den die Wirtschaft zu den SDGs leisten sollen?

Große Unternehmen legen nur langsam mehr Wert auf Nachhaltigkeit

Im Oekom-Bewertungssystem gibt es maximal 100 Punkte für fairen Umgang mit Zulieferern, Mitarbeitern und Umwelt sowie für Transparenz und weitere Kriterien. Keine der untersuchten Branchen schafft einen Durchschnittswert von mehr als 50 Punkten. Am besten wurden Hersteller von Haushalts- und Pflegeprodukten bewertet, knapp dahinter folgt die Automobilbranche. Auf rund 23 Punkte kommt der Rohstoffsektor. Insgesamt beobachteten die Studienautoren jedoch, dass es große Unternehmen im vergangenen Jahr mit der Nachhaltigkeit ernster gemeint haben als noch ein Jahr zuvor - aber nur minimal.

"Für Unternehmen sind die SDGs ein guter Orientierungsleitfaden für das eigene Nachhaltigkeitsmanagement", sagt Kristina Rüter, Head of Research bei Oekom. Die Privatwirtschaft war an der Formulierung der SDGs beteiligt und soll laut UN einen wesentlichen Beitrag zu deren Erreichung leisten. Allein aus ökonomischem Interesse haben Unternehmen einen Anreiz, nachhaltig zu wirtschaften.

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Immer mehr Investoren wählen ihre Investments auch nach Nachhaltigkeitskriterien aus und nicht nur nach Rendite. So hat der norwegische Pensionsfonds 2015 beschlossen, aus allen Unternehmen auszusteigen, die über 30 Prozent ihres Umsatzes mit kohlebezogenen Aktivitäten erwirtschaften. Je weiter erneuerbare Energien ausgebaut werden, desto weniger rentabel werden Kohlekraftwerke. Bei Menschenrechtsverletzungen oder Ausbeutung von Arbeitskräften schauen immer mehr Verbraucher genau hin.

Palmöl ist fast genauso problematisch wie Kohle

Gemessen an den UN-Entwicklungszielen macht so mancher Rohstoff ähnlich viele Probleme wie Kohle: etwa Palmöl. Das billige Pflanzenöl, das in Margarine, Kosmetika und Kraftstoffen enthalten ist, stammt von Ölpalmen in typischem Regenwaldklima. 2015 kam es in Indonesien zu großen Waldbränden, die unter anderem durch Brandrodung für Palmölplantagen ausgelöst wurden. Viele Tausend Menschen erlitten Atemwegserkrankungen, der Lebensraum zahlreicher Tiere und Pflanzen wurde zerstört. In den vom Palmölanbau betroffenen Regionen enthalten die Böden oft viel Kohlendioxid, das durch Rodungen entweicht. Immer wieder wird von Menschenrechtsverletzungen und Kinderarbeit in der Palmölindustrie berichtet. Oekom bewertet zwölf Unternehmen, die hauptsächlich Palmöl produzieren und vertreiben. Bei zwei Dritteln dieser Unternehmen stellte Oekom schwere Verletzungen von Nachhaltigkeitskriterien fest.

Die nachhaltigsten Unternehmen kommen aus Frankreich. "Dort ist der soziale Aspekt des Wirtschaftens sehr stark ausgeprägt", sagt Kristina Rüter. "Aber auch der Umweltaspekt wird immer wichtiger." Vermögensverwalter in Frankreich müssen über den CO₂-Fußabdruck ihrer Investments berichten. In Deutschland gibt es hierzu noch kein Gesetz. Nach Frankreich und Großbritannien stellt Deutschland die meisten Unternehmen in den Top Drei je Branche. Mit Henkel belegt ein deutsches Unternehmen in der Spitzenbranche den ersten Platz.

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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