Finanzpolitiker:"Skrupellose Banker"

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Der promovierte Ökonom Gerhard Schick, hier bei einer Parlamentsdebatte 2014, saß 13 Jahre lang für die Grünen im Bundestag und machte sich dort einen Namen als Finanz- und Haushaltspolitiker. Mit Steuer-Fragen kennt er sich also aus. (Foto: Rainer Jensen/dpa)

Grünen-Politiker Gerhard Schick will verhindern, dass die Finanzbranche weiter den Staat ausnimmt.

Interview von Klaus Ott

SZ: Herr Schick, nach etlichen anderen Banken wird nun auch die Privatbank Warburg verdächtigt, bei Cum-Ex-Deals zu Lasten des Fiskus mitgemacht zu haben. Überrascht Sie das?

Gerhard Schick: Mich überrascht bei Cum-Ex gar nichts mehr. Warburg steht eigentlich für seriöses Bankgeschäft, dieses Image ist nun ziemlich erschüttert. Ich erwarte, dass die Bank vollständig mit den Behörden kooperiert und auch gegenüber der Öffentlichkeit erklärt, wie es offenbar zu solchen Geschäften kommen konnte. Die Gewinne aus solchen Aktiendeals sind doch nur dadurch zustande gekommen, dass die deutschen Steuerzahler geschröpft wurden.

Was bedeutet der neue Verdachtsfall für die politische Aufarbeitung, die jetzt im Bundestag beginnt?

Das Problem Cum-Ex bekommt dadurch immer mehr Gesicht und Gesichter. Nach und nach werden die Akteure bekannt. Das ist gut so.

Erst die Hypo-Vereinsbank, die inzwischen gestanden hat, dann mehrere Landesbanken, nun Warburg als neuester Verdachtsfall: Reagiert die Branche angemessen?

Wenn immer mehr Mitglieder des Bundesverbandes Deutscher Banken im Zwielicht stehen, kann die Verband nicht zur Tagesordnung übergehen. Schließlich handelt es sich eindeutig nicht mehr um wenige Einzelfälle. Ich erwarte, dass der Verband in dieser Frage nicht abtaucht, sondern von sich aus untersucht, wie es dazu kommen konnte, dass mehrere seiner Mitglieder mit komplizierten Steuertricks unsere Gesellschaft ausgeplündert haben sollen. Dazu gehört auch die Frage, welche Rolle der Verband bei der Verbreitung dieser Geschäfte und bei der Gesetzgebung dazu spielte.

Wollen Sie den Einfluss des Bankenverbands auf die Bundesregierung zum Thema im Untersuchungsausschuss machen?

Wir werden die früheren Präsidenten des Bankenverbands, Rolf Breuer und Klaus Peter Müller, als Zeugen laden. Denn der Verband hat zum einen in der steuerpolitischen Diskussion um die Cum-Ex-Geschäfte eine relevante Rolle gespielt. Dazu müssen wir auch die Verantwortlichen aus den betreffenden Jahren von 1999 bis 2012 befragen. Zum anderen geht es um die gesellschaftliche Verantwortung. Es kann nicht nur darum gehen, die Versäumnis auf der politischen Ebene aufzuklären, die dazu geführt haben, dass so viele Akteure aus einer Branche die Allgemeinheit um viele Milliarden Euro schädigen konnten. Dazu müssen auch die Verbandspräsidenten in diesen Jahren Stellung beziehen, Breuer und Müller. (Breuer und Müller waren die Chefs der Deutschen Bank bzw. der Commerzbank, Anmerkung der Redaktion)

Kommt der Untersuchungsausschuss nicht viel zu spät?

Nein, überhaupt nicht. Der Staat muss die Bürger vor solchen Betrügereien schützen. Skrupellose Banker, Steuerberater und investoren gefährden den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Teile der Finanzindustrie suchen ständig nach neuen Möglichkeiten, wie sie den Staat ausnehmen können. Wir dürfen dieser Entwicklung nicht länger hinterherlaufen, wir müssen dieses Hase-und-Igel-Spiel ein- für allemal beenden, bevor wieder Milliardenbeträge verloren gehen.

© SZ vom 24.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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