Finanzkriminalität:Lieber national

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Das EU-Parlament fordert eine europäische Anti-Geldwäsche-Behörde. Doch die Mitgliedstaaten bremsen, allen voran Deutschland, wie ein vertrauliches Dokument zeigt.

Von Björn Finke, Brüssel

Die Bundesregierung setzt sich für mehr EU-Kompetenzen bei der Bekämpfung von Geldwäsche ein, geht Kritikern damit aber nicht weit genug. Deutschland hat im Juli die Ratspräsidentschaft der EU übernommen, weswegen Vertreter Berlins die verschiedenen Ministerräte und Ratsarbeitsgruppen in Brüssel leiten. In dieser Rolle bereitete die Regierung nun ein Arbeitspapier vor, in denen die Staaten die Pläne der EU-Kommission bewerten, den Kampf gegen Geldwäsche zu verschärfen. Das zehnseitige Dokument, das SZ und NDR vorliegt, lobt etwa die Ankündigung der Kommission, bis März den Aufbau einer Anti-Geldwäsche-Behörde auf EU-Ebene vorzuschlagen.

Diese Behörde würde aber nur für die Finanzbranche zuständig sein. Das Arbeitspapier, das Berlin an die anderen Mitgliedstaaten verschickt hat und das jetzt diskutiert wird, warnt ausdrücklich davor, die Kontrollkompetenzen der EU auf andere Branchen auszuweiten, da sich dort die Vorschriften zwischen den Ländern deutlich unterschieden, anders als in der Bankenindustrie.

Doch genau das regte das Europaparlament in einem Beschluss von Juli an. Die Kommission solle "eine EU-FIU" in Erwägung ziehen, heißt es da. Die Abkürzung FIU steht für Financial Intelligence Unit. Diese Behörden gibt es in allen Mitgliedstaaten; bei ihnen gehen die Verdachtsmeldungen auf Geldwäsche ein, die etwa Makler, Juweliere oder Autohändler abgeben, wenn Kunden große Beträge in bar bezahlen. In Deutschland ist die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen beim Zoll angesiedelt - und gilt wegen der Menge der Meldungen als überfordert.

Die Kommission schlägt vor, die Arbeit der nationalen FIUs besser zu koordinieren. In dem deutschen Arbeitspapier für den Ministerrat wird dieses Ansinnen unterstützt, doch die EU-Parlamentarier würden lieber eine eigene EU-Behörde sehen, parallel zu der neuen Behörde, die Geldwäsche im Finanzsektor bekämpfen soll. Sven Giegold, der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, sagt, nötig sei "eine europäische FIU, die große grenzüberschreitende Fälle von Finanzkriminalität tatsächlich selbst bearbeitet". Das Dokument der Deutschen sei daher "enttäuschend". Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums betont hingegen, dass die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung "eine Priorität der deutschen Ratspräsidentschaft" sei: Die Mitgliedstaaten stimmten gerade ihre Position zu den Plänen ab, welche die Kommission präsentiert hat; der Verhandlungsstand ändere sich fortlaufend.

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