Fiat und Magna kämpfen um Opel:Das große Feilschen

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Es geht weiter: Nach Fiat bessert jetzt auch der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna sein Angebot nochmal nach. Trotzdem: Tausende Stellen stehen bei Opel in Deutschland auf dem Spiel.

Im Übernahme-Rennen um den angeschlagenen Autobauer Opel will neben dem Fiat-Konzern auch der österreichisch-kanadische Zulieferer Magna sein Angebot nachbessern.

Die Zulieferfirma ist der Favorit für eine Übernahme von Opel: Die Zentrale von Magna in Oberwaltersdorf (Österreich). (Foto: Foto: dpa)

Wie die Welt am Sonntag aus dem Aufsichtsrat von General Motors Europe (GME) erfuhr, soll es dazu mit Magna weitere Gespräche geben. Laut dpa sieht das Magna-Konzept bisher in Bochum die Streichung von 2200 der dort rund 5000 Jobs vor.

Das hätten aber Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und der Bochumer Betriebsrat bei einem Treffen mit Magna-Managern am Samstag in Bochum einhellig abgelehnt. Damit habe das Werk keine Perspektive mehr, zitiert die Welt am Sonntag den Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel. "Dass es bei einem nächsten Treffen nicht ums Kaffeetrinken geht, sondern um Nachbesserungen der bestehenden Pläne, dürfte klar sein", sagte Einenkel.

Details zum Magna-Angebot

Magna hat in der Zwischenzeit auch Details zu seinem Angebot veröffentlicht. Danach will der Zulieferkonzern 700 Millionen Euro in Opel investieren, die Summe soll teils von der Bundesregierung garantiert werden. Das Unternehmen wies einen Spiegel-Bericht zurück, wonach Magna die Übernahme der Opel-Pensionslasten auf den Bund abwälzen wolle.

Das Magazin hatte berichtet, dass Magna fordere, dass Berlin zusätzlich die Pensionslasten des Autoherstellers in Höhe von drei Milliarden Euro zumindest teilweise übernehme. Aus Teilnehmerkreisen des Spitzentreffens am Freitag im Kanzleramt wurde dies jedoch dementiert. Die Magna-Vertreter hätten vielmehr deutlich gemacht, dass die Frage des Umgangs mit den Pensionsansprüchen "ausdrücklich keine Bedingung" des Magna-Angebots darstelle, hieß es am Samstag in Berlin.

Das Konzept des österreichisch-kanadischen Autozulieferers Magna sieht nach Angaben des Konzerns vor, dass die Opel-Mutter General Motors (GM) einen Anteil von 35 Prozent behalten soll. Magnas russischer Partner Sberbank werde ebenfalls 35 Prozent übernehmen, Magna selbst 20 Prozent und die Opel-Belegschaft die übrigen zehn Prozent.

Magna will Medienberichten zufolge im Gegenzug für seine Investitionen Staatsbürgschaften in Höhe von bis zu fünf Milliarden Euro.

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) berichtete am Samstag, dass auch der italienische Autobauer an seinem Angebot arbeitet: "Interessanterweise hat auch Fiat nachgebessert." Details wollte der Minister nicht nennen. Er deutete jedoch an, dass Fiat nun bereit sei, mehr eigene Risiken zu tragen und sich selbst mit höherem Eigenkapital an Opel zu beteiligen.

"Keine Option ausschließen"

Dritter im Bunde der Bieter ist der US-Finanzinvestor Ripplewood. Bis Ende kommender Woche soll eine Grundsatzentscheidung fallen. Reuters berichtet allerdings, dass am Montag Vorentscheidungen in der Bundesregierung fallen sollen. Das letzte Wort hat aber der Mutterkonzern General Motors (GM).

Guttenberg plädierte dafür, auch weiterhin die Möglichkeit einer Insolvenz von Opel in Betracht zu ziehen. "Wir dürfen keine Option ausschließen." Sollte das Risiko so groß werden, dass staatliche Bürgschaften für Kredite des Autobauers fällig würden, müsse auch an einen solchen Schritt gedacht werden. Er wies darauf hin, dass die Zeit für Entscheidungen knapp werde. GM könnte schon in der kommenden Woche in die Insolvenz gehen.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) rechnet damit, dass die Übernahmeangebote für Opel bis Anfang der Woche politisch bewertet sind. "Ich glaube, dass wir jetzt zwei, drei Tage intensiver Gespräche brauchen, dann haben wir neue Bewertungen am Montag", sagte Beck am Rande der Bundesversammlung in Berlin. Zum Fiat-Angebot äußerte er sich skeptisch: "Bei Fiat müsste schon sehr, sehr viel passieren", bevor man es annehmen könne. Bislang hätten die Italiener "ein Fiat-Modell, kein Opel-Modell" vorgelegt.

Bundesaußenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank Walter Steinmeier unterstrich in der Bild-Zeitung von Samstag erneut: "Magna hat ein sehr solides Konzept vorgelegt." Steinmeier sprach sich für eine schnelle Klärung der noch offenen Fragen mit der Opel- Muttergesellschaft General Motors aus. "Jetzt müssen mit GM und Magna rasch die letzten Detailfragen geklärt werden, damit möglichst viele Arbeitsplätze erhalten bleiben", sagte der Außenminister.

Magna will sich um Erhalt der Arbeitsplätze bemühen

Der Geschäftsführer von Magna, Siegfried Wolf, zeigte am Freitagabend in der Magna-Zentrale in Oberwaltersdorf bei Wien Verständnis für den Widerstand des NRW-Regierungschefs gegen den Magna-Plan: "Ich verstehe, dass Rüttgers um jeden Arbeitsplatz kämpft."

Die genaue Zahl der im Rahmen einer Neuordnung nötigen Entlassungen bei Opel-Europa wollte er nicht nennen. "Wir wollen uns bemühen, mit deutlich weniger (als den in der Presse genannten Entlassungen, Anmerkung der Redaktion) auszukommen. Jeder Arbeitsplatz der verloren ist, ist einer zu viel."

Wolf begründete, warum Magna die Muttergesellschaft von Opel, General Motors mit 35 Prozent an dem neuen Konsortium beteiligen wolle: "Wir brauchen GM dabei. Wer glaubt, Opel kann man über Nacht von GM abschneiden, der hat sich nicht wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt."

Obwohl in den deutschen Opel-Werken Personal abgebaut werde, sollen die Fertigungszahlen laut Spiegel kräftig steigen. So sollen in Rüsselsheim nach den Magna-Plänen künftig 250.000 Autos vom Band rollen, derzeit sind es 160.000. In Bochum solle die Produktion um 58.000 Einheiten steigen.

Das Stammwerk von Opel in Rüsselsheim soll bei einem Einstieg des Autozulieferers Magna stärker ausgelastet werden. Nach Informationen der Frankfurter Rundschau soll Rüsselsheim neben dem Insignia auch den neuen Astra produzieren. Für Bochum bliebe der Zafira übrig. Davon sollen jährlich 190.000 Stück gefertigt werden, berichtete Magna-Manager Wolf.

Absatzmarkt der Zukunft in Russland

Magna peilt mit der geplanten Opel-Übernahme den russischen Automarkt an. Geschäftsführer Siegfried Wolf sagte laut Nachrichtenagentur APA in der Europazentrale des Konzerns in Oberwaltersdorf bei Wien: "Die Autoindustrie hat aktuell ein Absatzproblem. Einer der größten Absatzmärkte der Zukunft wird Russland sein."

General Motors habe in Russland 2008 rund 340.000 Autos verkauft, heißt es weiter. Ein neuer Verbund zusammen mit dem örtlichen Partner Gaz könne längerfristig eine Million Autos (inklusive Kleintransporter) verkaufen, kalkuliere Magna. Zusammen mit Opel wolle das neu gebildete Eigentümerkonsortium auch die Markenrechte von Chevrolet für Russland erwerben. Dann stünden dort die Marken Opel, Vauxhall und Chevrolet zur Verfügung. Die staatliche Sberbank sei für die Finanzierung der russischen Autokäufe wichtig.

© sueddeutsche.de/dpa/ap/afp/Reuters/pfau/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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