Fiat-Chef Marchionne:Bitte kauft unsere Autos nicht

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Fiat-Chef Sergio Marchionne rät vom Kauf eines ganz bestimmten Fahrzeugs seiner Firma ab. (Foto: Bloomberg)

Wer Chef eines Autokonzerns ist, sollte zum Ziel haben, möglichst viele Fahrzeuge zu verkaufen. Doch Fiat-Chef Sergio Marchionne ruft nun explizit dazu auf, von der Elektroversion seines Fiat 500 die Finger zu lassen.

Von Thomas Fromm

Der Autohändler von nebenan und der Chef eines Autokonzerns haben ziemlich unterschiedliche Aufgaben (deswegen liegen sie beim Gehalt ja auch weit auseinander), aber im Grunde haben sie doch etwas Wichtiges gemein: Beide wollen in erster Linie Autos verkaufen. Der eine steht in seinem Geschäftsraum und versucht, seine Kunden davon zu überzeugen, dass das neueste Modell das beste Modell sei. Der andere sitzt in seinem Büro im 20. Stock seiner Weltkonzernzentrale und versucht, die Welt davon zu überzeugen, dass sein Konzern der beste sei. Letzten Endes sind also beide Autoverkäufer.

Dass ein Konzernchef seinen Kunden rät, seine Autos NICHT zu kaufen, ist eher unüblich, zumal ihm der Autohändler von nebenan, der ja mit jedem verkauften Auto sein Geld verdient, das ziemlich übel nehmen könnte. Sergio Marchionne, Chef des italo-amerikanischen Auto-Konglomerats Fiat-Chrysler, hat nun genau das getan: Bei einer Konferenz in Washington rief er seine Käufer dazu auf, die Finger von der Elektroversion seines Fiat 500 zu lassen. Marchionne sagte wörtlich: "Ich hoffe, Sie kaufen es nicht, denn jedes Mal, wenn ich eines verkaufe, kostet es mich 14 000 Dollar."

Das ist ja toll. Da baut also einer ein Auto und bittet seine Kunden darum, es nicht zu kaufen. Das ist auf den ersten Blick kurios. Nun ist Marchionne zwar einer, von dem schon einige Kuriositäten in der Welt sind, auf den zweiten Blick aber sind sie dann oft gar nicht so kurios - sondern einfach: ehrlich. So wie hier.

Marchionne hat sich bisher nicht als glühender Anhänger der Elektromobilität einen Namen gemacht, dafür aber gibt er uns nun tiefe Einblicke in die Gewinnkalkulation eines international tätigen Automanagers. Als er seinen 500e 2013 in Kalifornien auf die Straße brachte, da ging es nicht um Leidenschaft, sondern um die strengen Umweltauflagen an der amerikanischen Westküste. In Kalifornien gelten US-weit die härtesten Abgasnormen - sie zwingen die Hersteller dazu, darauf zu achten, dass ihre Neuwagen möglichst sehr wenig Schadstoffe ausstoßen.

Deshalb gibt es Autos wie den 500e.

Nun kostet der elektrische Kleinwagen mit seinen 111 PS umgerechnet 23 600 Euro. Der Verkauf der kleinen Stromer wird zwar öffentlich subventioniert, aber die Gelder vom Staat reichen längst nicht, um mit den teuren und aufwendig produzierten Elektroautos auch Geld zu verdienen. Nur der kalifornische Elektrowagenhersteller Tesla schaffe es, damit Gewinne zu machen, sagt Marchionne - kein Wunder, denn die sportliche Limousine Model S kostet an die 90 000 Euro. Es ist eben einfacher, mit so einem Auto Gewinne einzufahren, als mit einem kleinen Fiat.

Marchionne, der Klartext-Redner unter den Automanagern, hat nun zwei Möglichkeiten: Entweder er verkauft richtig viele von seinen kleinen Elektrowagen. Oder er versucht, so wenig wie möglich davon zu verkaufen. Gerade so viel, wie er braucht, um der Politik zu zeigen: Schaut her, wir tun was.

"Ich werde so viele Autos verkaufen, wie ich muss, und nicht eines mehr", sagte Marchionne nun. "Ich bin ehrlich genug, Ihnen das zu sagen." Politiker in Kalifornien werden das nicht witzig finden, und auch die Händler sind naturgemäß keine Freunde solcher Appelle.

Aber so ist er, der Marchionne: direkt.

Vor ein paar Wochen, da verkündete er noch, dass er den Absatz von Alfa Romeos von heute 74 000 auf mindestens 400 000 steigern will. Vor ein paar Tagen dann die Einschränkung, der Plan sei nur "eine Richtung": "Also seien Sie nicht kleinlich, ob ich jetzt 400 000 oder 382 000 Alfas verkaufe." Wer sagt denn, dass Wirtschaft nicht unterhaltsam ist?

© SZ vom 24.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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