Ferguson vs. Krugman:Schlammschlacht der Professoren

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"Wichtigtuer" und "verbaler Durchfall": Ökonom Krugman und Historiker Ferguson liefern sich eine harte Auseinandersetzung - in aller Öffentlichkeit.

Nikolaus Piper

Der eine hat den Nobelpreis und eine Professur in Princeton. Der andere lehrt 250 Meilen weiter nordöstlich in Harvard und ist ein berühmter Historiker. Paul Krugman, 56, und Niall Ferguson, 45, haben viel gemein: Beide sind Stars, beide können Wissenschaft populär darstellen und beide sind in der Welt der Internet-Blogs zu Hause.

Er geht selten einem Streit aus dem Weg: Niall Ferguson (Foto: Foto: Bloomberg)

Der eine ist Autor der New York Times, der andere der Financial Times. Seit einem Vierteljahr allerdings fallen Krugman und Ferguson übereinander her, als wären sie Schulbuben. Ferguson sei ein "Wichtigtuer", schrieb Krugman zum Beispiel. Krugman leide unter "verbalem Durchfall", antwortete Ferguson.

Thesen aus dem "Mittelalter der Ökonomie"

Der Streit begann am 30. April während einer Podiumsdiskussion im Metropolitan Museum in New York. Krugman und Ferguson debattierten über zwei der wichtigsten Fragen der Gegenwart: Wann sollen Regierungen damit beginnen, ihre Haushalte zu sanieren? Wann sollen die Notenbanken das Geld wieder zurückholen, das sie zur Bekämpfung der Krise in die Wirtschaft gepumpt haben? Geschieht dies zu früh, droht ein Rückfall in die Rezession, geschieht es zu spät, drohen Inflation, eine Krise der Staatsfinanzen oder beides.

Der linksliberale Krugman gehört zu den Warnern vor einer Rezession und will eher noch mehr Geld ausgeben, der liberalkonservative Ferguson fürchtet die Inflation mehr. Krugman hatte kurz zuvor Präsident Barack Obama noch vorgeworfen, sein Konjunkturprogramm sei zu klein. Ferguson glaubt dagegen, die US-Regierung werde bald gezwungen sein, die Staatsschuld zu "monetisieren", sprich: Geld zu drucken.

Der Ökonom und der Historiker nahmen die Sache grundsätzlich. Die Podiumsdiskussion selbst verlief noch einigermaßen manierlich, doch danach griff Krugman Ferguson in seiner Kolumne in der New York Times persönlich an: Seine Ansichten entstammten dem "Mittelalter der Ökonomie". Worauf Ferguson in seinem Blatt konterte: Krugman benötige einen "Auffrischungskurs" über Leben und Werk von John Maynard Keynes.

Schließlich verglich Ferguson Präsident Obama mit "Felix dem Kater", einer Comic-Figur aus den zwanziger Jahren, die "nicht nur schwarz war, sondern auch sehr viel Glück hatte". Dies empfand Krugman als rassistisch. Das war jetzt der vorläufige Gipfel des Zwists.

Ferguson, 1964 in Glasgow geboren, ist auch früher schon keinem Streit aus dem Weg gegangen. Er praktiziert "kontrafaktische Geschichtswissenschaft", er fragt also: Hätte die Geschichte auch anders verlaufen können? So vertrat er die These, dass vor dem Ersten Weltkrieg nicht etwa Deutschland, sondern England die Lage eskaliert habe. Er fand sogar Argumente dafür, warum es besser gewesen wäre, wenn sich die Briten aus diesem Krieg überhaupt herausgehalten hätten.

Aber er lobte auch das britische Weltreich als solches und unterstützte George W. Bush im Irak-Krieg. Als Wirtschaftshistoriker ist sein Rang unbestritten. Ferguson, der in Boston lebt, schrieb eine vielbeachtete Geschichte des Hauses Rothschild. Sein neuestes Buch, eine populäre Finanzgeschichte der Welt ("Der Aufstieg des Geldes"), erreichte die Bestsellerlisten.

© SZ vom 26.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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