Familienunternehmen:Merckles Imperium wird zerschlagen

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Der Familienunternehmer Adolf Merckle gibt Macht an die Banken ab. Die werden wohl mehrere Firmen verkaufen.

Martin Hesse

Am Ende hat Adolf Merckle wohl keine Wahl mehr gehabt. Noch am Dienstag hatte der Ulmer Unternehmer gehofft, die Kontrolle über sein Firmenimperium nicht ganz zu verlieren.

Alle Hoffnungen geplatzt: Merckle verliert sein Firmenimperium (Foto: Foto: dpa)

Doch die Hoffnung ist geplatzt. Die Familie Merckle hat nun offenbar große Teile ihres Vermögens als Sicherheit an mehr als 30 Gläubigerbanken übertragen, um eine Insolvenz der Familienholding VEM Vermögensverwaltung zu verhindern.

Die Merckles geben damit die Kontrolle über die drei wichtigsten Gesellschaften der Gruppe faktisch ab: Über die Zukunft der Pharmafirma Ratiopharm, des Pharmagroßhändlers Phoenix sowie des Zementkonzerns Heidelberg-Cement entscheiden nun die Banken.

Unternehmensgruppe soll saniert werden

Spätestens am Donnerstag wollen Merckle und die Banken dafür ein neues Stillhalteabkommen unterzeichnen, das etwa bis Weihnachten laufen soll. "Ich habe in diesen Verhandlungen allerdings schon so viel erlebt, dass ich erst daran glaube, wenn die Verträge unterschrieben sind", sagte ein involvierter Banker.

Bis zum Ende den neuen Abkommens wollen die Kreditinstitute sowie voraussichtlich externe Gutachter den Wert der von Merckle gegebenen Sicherheiten ermitteln. Auf dieser Basis soll ein längerfristiger Überbrückungskredit gewährt und die Sanierung der Gruppe eingeleitet werden. "Es dürfte darauf hinauslaufen, dass Ratiopharm, Heidelberg-Cement und Phoenix ganz oder in Teilen verkauft werden", sagten zwei mit den Verhandlungen vertraute Personen.

In der Nacht zum Mittwoch war ein Stillhalteabkommen der Banken unter Führung der Royal Bank of Scotland, der Landesbank Baden-Württemberg, der Deutschen Bank und der Commerzbank abgelaufen. Kurz vor Torschluss hatte Merckle dann weitergehende Zugeständnisse gemacht. Am Mittwoch teilte seine Firma VEM mit, Merckle habe "das Angebot, Sicherheiten und Vermögenswerte aus dem privaten Vermögen zur Verfügung zu stellen, erneuert". Offenbar gehen die Zusagen aber weit über die bisherigen Zugeständnisse hinaus.

Wertverlust und Fehlspekulationen

Merckle, dessen Vermögen auf mehr als sieben Milliarden Euro geschätzt wird, war aus zwei Gründen in Geldnot geraten. Bereits im vergangenen Jahr hatte er bei einigen seiner Firmen Kapitalerhöhungen durchgeführt, die vorwiegend über VEM mit Krediten finanziert und mit Anteilen der jeweiligen Firmen besichert worden waren.

Allein Heidelberg-Cement ist mit mehr als zwölf Milliarden Euro verschuldet. In der Finanzkrise ist nun der Wert der Aktien und damit der Sicherheiten dramatisch abgestürzt. Zudem verspekulierte sich Merckle mit einer Wette auf fallende VW-Aktien und verlor dabei einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag. Weil den Schulden immer geringere Sicherheiten gegenüberstanden, drehten die Banken Merckle den Geldhahn zu.

Der akute Liquiditätsbedarf der Holding VEM, über die Merckle einen Großteil der Aktiengeschäfte abwickelte, wird auf bis zu eine Milliarde Euro geschätzt. Die Gesamtverbindlichkeiten der Familie und ihrer Firmen sind aber weit höher.

Da Merckles Vermögen fast komplett in seinen Firmen steckt, kann er seinen Verpflichtungen nur über den Verkauf von Unternehmen nachkommen. Ratiopharm könnte nach Angaben von Investmentbankern etwa drei bis vier Milliarden Euro einbringen, Phoenix etwa fünf Milliarden Euro. Heidelberg-Cement ist an der Börse etwa zwölf Milliarden Euro wert. Der Verkauf einer oder mehrerer dieser Firmen dürfte sich über 12 bis 18 Monate hinziehen, hieß es in Verhandlungskreisen. "Es ging auch darum, in dieser schwierigen Marktsituation einen Notverkauf zu verhindern", sagte ein Beteiligter.

© SZ vom 04.12.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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