Facebook:Ade, Goldschatz

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Nachrichten von Menschen, mit denen man nicht befreundet war, landeten bisher im Ordner Sonstiges - der fällt weg, sein Ersatz aber gefällt nicht allen.

Von Charlotte Haunhorst

Jeder Mensch mit einem Facebook-Konto hegt einen kleinen Goldschatz, der jetzt noch gehoben werden kann. Der Schatz hat - zugegeben - einen sperrigen Namen, aber das macht die ganze Sache ja nur noch interessanter: der "Others"-Eingang, zu Deutsch der Ordner "Sonstiges". Darin landen bei Facebook Nachrichten von Menschen, mit denen man nicht befreundet ist. Anstatt die Nutzer in deren Haupt-Postfach zuzumüllen, sammelt Facebook die Nachrichten in einem Unterordner. Der Reiter dafür ist hellgrau und leicht zu übersehen. Im Facebook-Messenger, der Variante fürs Handy, gibt es ihn gar nicht. Was in einer immer mobiler werdenden Welt natürlich dazu führt, dass viele ihre Sonstiges-Nachrichten noch nie angeschaut haben. Menschen erzählten traurige Geschichten, wie sie ihren verlorenen Laptop nicht wiederbekamen, weil sie besagten Ordner nicht kannten.

Nun hat Facebook beschlossen, den Ordner abzuschaffen. Stattdessen wird es nun eine sogenannte Message Request geben, wenn Menschen, die man nicht kennt, einem schreiben - ähnlich also, wie bei einer Freundschaftsanfrage. Man könnte jetzt sagen: supersinnvoll. Und hätte damit recht. Aber ein bisschen traurig ist es auch. Denn irgendwie war die Others-Inbox der letzte Ort, in dem diese perfekt durchgestylte, facebookblaue Welt noch ein bisschen unberechenbar war. In der unbekannte Inder einem Nachrichten wie: "It's my pleasure to be in contact with a beautiful lady. No doubt, you are one of the angels sent from heaven to mankind. Your picture attracts me and my heart will be glad to start a friendship with you" schrieben. In der Leser einem Feedback zum letzten Artikel schickten oder dazu einluden, unbedingt auch mal über ihr Hofcafé in Südhessen zu berichten. In der aber auch mal die Nachricht steckte, dass jemand die vergangene Nacht geklaute Handtasche gefunden hat und man sie doch bitte unter folgender Adresse abholen könne. Und das Schöne an all diesen Dingen: Man konnte sie unerkannt lesen, ohne reagieren zu müssen. Denn die Ausrede "Sorry, das war in meinem Sonstige-Ordner", zog notfalls immer. Und jetzt also: Entscheidungszwang. Beim neuen Messenger Request kann man nämlich, so sagt es zumindest die Pressemitteilung, ignorieren, lesen oder antworten auswählen. Drei Optionen - und keine davon ist "überrasche mich". Schade.

© SZ vom 29.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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