Exporte:Bloß nicht zu früh freuen

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Die Exporte steigen, die Aufträge ziehen an - ist das Schlimmste schon überstanden? Mitnichten, denn ein echter Aufschwung ist nicht in Sicht.

Björn Finke

Drei gute Nachrichten in Folge: Am Freitag gab das Statistische Bundesamt bekannt, dass die Exporte deutscher Firmen im Juni so stark zugelegt hatten wie seit fast drei Jahren nicht mehr. Und die Produktion der Industrieunternehmen fiel im Juni zumindest nicht deutlich, sie hielt sich mit einem Minus von 0,1 Prozent ordentlich, nachdem sie im Mai mit Rekordgeschwindigkeit gewachsen war. Schon am Donnerstag hatten die Daten zum Auftragseingang positiv überrascht. Der Wert der Bestellungen nahm so schnell zu wie seit zwei Jahren nicht mehr.

Warenumschlag im Hamburger Hafen: Die wirtschaftliche Gesamtsituation bleibt auch in den kommenden Monaten schwierig. (Foto: Foto: AP)

Das alles nährt die Hoffnung, dass die Rezession vorbei ist und nun ein neuer Aufschwung beginnt.

Leider wird sich diese Hoffnung wohl nur zum Teil erfüllen. Es ist ziemlich sicher, dass die Zeiten, in denen die Wirtschaftsleistung ab- statt zunimmt, fürs Erste vorbei sind. Im zweiten Quartal wird das Bruttoinlandsprodukt, der Wert aller hergestellten Güter und aller Dienstleistungen, vielleicht noch gesunken sein - doch im laufenden dritten Jahresviertel wird die Wirtschaft wieder wachsen, zum ersten Mal seit Frühjahr 2008.

Die weltweite Nachfrage erholt sich dank der Konjunkturpakete, und Deutschlands exportorientierte Industrie profitiert davon besonders - genau, wie die hiesigen Firmen besonders gelitten hatten, als die Konjunktur vor einem Jahr überall abschmierte.

Allerdings ist es sehr unwahrscheinlich, dass auf die Krise ein kraftvoller Aufschwung folgt. Wenn die Wirkung der Konjunkturpakete verpufft ist, werden die Exporteure feststellen, dass kein neuer Wachstumstreiber einspringt. Die US-Verbraucher, die mit ihrem Konsum auf Pump der Weltwirtschaft lange Zeit einen Schub gegeben haben, müssen nach dem Platzen der Immobilien- und Kreditblase erst wieder ihre Finanzen in Ordnung bringen. Wichtige Absatzmärkte wie Großbritannien, Spanien oder die osteuropäischen Länder kämpfen ebenfalls noch mit dem Kater nach dem Bau- und Konsumrausch.

Und dass die heimischen Verbraucher die deutsche Wirtschaft stützen, ist schwer vorstellbar. Wenn das Kurzarbeitergeld ausläuft und die Arbeitslosigkeit steigt, wird der Konsum, der schon jetzt schrumpft, noch stärker zurückgehen. All das sind tiefe Schlaglöcher auf dem Weg zu einer nachhaltigen Erholung der Konjunktur.

Selbst wenn die deutsche Wirtschaft nun vielleicht zwei Quartale ordentlich wächst, werden danach schwierige Monate folgen. Die Rezession ist zwar vorbei - aber ein echter Aufschwung ist nicht in Sicht.

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